Yin und Yang go west

In der Kurfürstenklinik wird heute eine Praxis für Traditionelle Chinesische Medizin eröffnet. Sie will deutsche Schulmedizin und fernöstliche Traditionen versöhnen

Voodoozauber aus dem Reich der Mitte? Von wegen! Für Mediziner Frank Brazkiewicz sind solche Vorurteile von KollegInnen bloß Makulatur: „Westliche ÄrztInnen verstehen unter traditioneller Medizin aus China oft eine Behandlung, die auf dem Erfühlen von Schmerzstellen basiert und ohne wissenschaftliche Begründungen auskommt.“ In der Bevölkerung hingegen findet diese Heilkunde regen Zulauf.

Die Deutsche Gesellschaft für Traditionelle Chinesische Medizin (DGTCM) hat eine spezielle Variante der fernöstlichen Lehre entwickelt. Das Besondere: Zum einen wird die TCM in die Sprache der Schulmedizin übersetzt, zum anderen gemeinsam mit deren Methoden angewandt. Neben Akupunkturnadeln kommen auch Röntgengeräte zum Einsatz. In der Bremer Paracelsus-Kurfürstenklinik eröffnet heute die fünfte Praxis dieses „Heidelberger Modells“, mit entwickelt vom Bremer Mediziner Johannes Greten.

Bisher waren chinesische Methoden für SchulmedizinerInnen kaum verständlich und anwendbar. „Viele verstehen ,Yin und Yang‘ rein philosophisch“, sagt Braszkiewicz. In der TCM symbolisieren sie Gegensätzlichkeit und Harmonie, die ein Gleichgewicht anstreben, das Ziel jeder traditionellen medizinischen Therapie in China. Organe und Substanzen des Körpers sind je einer der beiden Kräfte zugeordnet. Die klassische TCM beschreibt laut Brazkiewicz körperliche wie emotionale Symptome. Sie betreibt über das Behandeln physischer Auswirkungen hinaus Ursachenforschung in Körper, Geist und Seele. Körperlich nachweisbare Beschwerden sind nur ein Teilaspekt. Für Diagnosen werden Schmerzen etwa durch Akupunktur lokalisiert, zusätzlich veränderte Gefühlslagen beschrieben. Der Tradition nach durchströmt den Körper ein Fluss von Lebensenergie (Qi), der durch Krankheiten unterbrochen wird und wieder hergestellt werden soll. So kommt der Mensch wieder ins Gleichgewicht. Tui-na (Massagen) oder Kräuterverschreibungen sind nur zwei der wesentlichen Heilmethoden.

Anke Fröhlich, Leiterin des bereits exitierenden Bremer Instituts für Chinesische Medizin, betrachtet die Eröffnung gelassen: „Wir sehen die Praxis nicht als Konkurrenz“. In Fröhlichs Institut arbeiten ChinesInnen, die lange in Shanghai praktiziert haben. Lutz Steinbrück