Genderbuilding

Butler und die Hantel: Anke Haarmann begann auf Kampnagel die Philsophie-Reihe „Text und Ding“

Im Kampnagel-Klub N+K hängen Bilder von trainierten Körpern. Kaffeehausstühle stehen herum. Eine Leinwand, die an ein Trampolin erinnert, verspricht einen Film, und ein Vortragspult deutet an, daß nicht nur geplaudert wird. Die Gruppe Aussen hat zum ersten Abend ihrer Reihe „Text und Ding“ eingeladen: Butler und die Hantel. Dass wir uns auf eine Krise zu bewegen, lässt sich auch am Zuspruch ablesen: Der Saal ist bis auf den letzten Stuhl gefüllt, in Krisenzeiten wird Philosophie gebraucht.

Judith Butlers Philosophie gewährt aber keinen Seelentrost. Sie behauptet, dass unsere Körper, für viele die letzte Ressource der Natur in der Stadt, alles andere als natürlich sind. Diese Natürlichkeit entsteht vielmehr durch ein Wissen, etwa durch heterosexistische Normen, die in vielfältigen Praktiken auch gewaltsam durchgesetzt werden.

Anke Haarmann behauptet an diesem Abend, im Bodybuilding werde die kulturelle Veränderbarkeit des Körpers gezeigt. Sie belegt dies mit Filmen über Menschen, die ihren Körpern anhand der geltenden Normen gestalten: Die Männer pumpen ihre Muskeln auf, die Frauen tanzen. Dann begründet sie ihre These in einem Vortrag, der unterhaltsam ist und Butler wunderbar verständlich erläutert, in der Form aber an die Universität erinnert. Und so ist es danach auch ein wenig wie im Seminar: Das Publikum soll sich streiten, aber zuerst traut sich keiner. Es werden überwiegend brave Fragen gestellt, eine Diskussion will kaum aufkommen.

Überraschenderweise wehrt sich – anders als bei Erscheinen von Butlers Büchern – auch niemand mehr gegen die These der Künstlichkeit der Körper. Längst glauben alle, daß sie nicht nur ihr Leben, sondern auch ihren Körper gestalten können. So sehr Haarmann darauf insistiert, dass es bei Butler darum nicht geht, will diese doch die Möglichkeit einer anderen Gesellschafsordnung jenseits der kapitalistischen, heterosexistischen denken, reduziert das Beispiel des Hantelns als Praxis, die den Körper verändert, Butlers Kritik.

Deren politisch auch für die momentane Situation in Hamburg interessante Frage, welche Praktiken eines anderen Lebens weshalb ausgeschlossen werden, welche anderen Praktiken möglich wären, bleibt ungestellt. So erfreulich, erfrischend und nötig solche Diskussionen außerhalb der Uni sind, blieb die Gruppe hinter ihren Möglichkeiten zurück. Der gestaltbare Raum fungierte nur als studentisches Café und als Vortragssaal, in dem immerhin ganz Brechtsch geraucht werden konnte. Der Anspruch, Philosophie als gesellschaftliche Praxis zu etablieren, muss aber darüber hinausgehen. OLE FRAHM