die erste liga der paparazzi von FRANCO ZOTTA
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Deutschlands Boulevardmedien sind in einem erbärmlichen Zustand. Im Fernsehen haben „blitz“, „exklusiv“ und „brisant“ Weltmeere an Hüftfett abgesaugt und live mehr prominente Silikonberge abgefilmt, als alle Heimwerker der Republik je in ihre Badezimmerfugen gespritzt haben. Der Kölner Express entblättert seit tausend Jahren die immer gleichen Mädchen von nebenan. Und seit Boris Becker die Babs-Doubles ausgehen, ist es allein Dieter Bohlen und seinem einzigen Talent zu danken, in jedes drohende Nachrichtenloch hinein Frauen zu bürsten oder zu verbimbsen, auf dass die Bild-Zeitung nicht aus blanker Not dazu übergehen muss, über Politik zu berichten.

Glückliches Italien. Nicht, dass noch irgendein italienisches Mädchen von nebenan der Entblätterung entgangen ist. Aber allwöchentlich demonstrieren dort Zeitschriften wie eva oder Vip, dass die Champions League des Paparazzi-Journalismus nicht auf die Bohlens dieser Welt und ihre im Nahkampf mit Brigitte Nielsen geknickten Penisse angewiesen ist. Die eva-Titelgeschichte „Cellulite Vip“ zum Beispiel enthüllte kürzlich gleich auf sechs erschütternd bunten Seiten, dass Problemzonen auch vor prominenten Schenkeln nicht Halt machen. Der Po der Schauspielerin Ornella Muti gleicht einem Korallenriff im Badeanzug, und Nicole Kidmans furchenüberzogener Oberschenkel mutet an wie die arg strapazierte Landebahn eines Top-Gun-Piloten.

Nicht nur in der Promi-, sondern auch in der Politikberichterstattung beschreiten diese Frauen verherrlichenden Blätter ganz neue Wege. Während unsereins nach monatelangem Wahlkampf über die deutschen First Ladys gerade mal zu berichten weiß, dass die Karin dem Edmund immer die – äh – Hemden rauslegt und Gerhard mit Doris jeden gottverdammten Abend über die Vereinbarkeit von Kindererziehung und Beruf diskutiert, liefert Vip seinen Lesern dank investigativer Recherche die wirklich wichtigen Infos für die Wahlentscheidung. Der Linksdemokrat und Oppositionsführer Francesco Rutelli lümmelt sich spärlichst bekleidet auf der Sonnenliege herum, während seine Gattin Barbara von allen Seiten und halb nackig beim Sonnenbaden abgebildet ist.

Angesichts dieser politisch brisanten Fotos fällt das fachmännische Urteil des Vip-Politikredakteurs eindeutig aus: ob Bauch, ob Busen, ob Po – Italiens Opposition macht in jeder Hinsicht eine „bella figura“.

Doch damit nicht genug. Ob Cellulite-Landschaften oder nackte Linke, eva und Vip gucken auch da noch hin, wo der gemeine Leser sich bereits angewidert abwendet.

So zeigt eva die britische Prinzessin Anne, wie sie gedankenverloren in ihrem aristokratischen Zinken bohrt und die schleimige Popelbeute im Mund verschwinden lässt. Der eva-Kommentar: Das ist eklig und eines veritablen Royals unwürdig. Doch hier irrt der Boulevard. Wer die englische Küche kennt, der weiß, dass sich die Prinzessin angesichts des traurigen Angebots dort nur für den schmackhafteren Pausensnack entschieden hat. Armes England! Und buon appetito …