Vom Schatten verfolgt

Absurdes Tanztheater aus Polen zu Gast bei „input“: In zwei wortlosen Stücken wurden die Körper um so lauter

Wer schießt schneller als sein Schatten? Klarer Fall: Lucky Luke. Was hat das mit Tanztheater zu tun? Auf den ersten Blick nicht viel. Doch auch im Ein-Personen-Stück „Akt ohne Worte“, einer Theaterminiatur von Samuel Beckett, geht es um Schattenspiele.

Maciek Prusak von der polnischen Tanztheatergruppe „Wroclaw Collage“ erreicht sein Publikum im Kontorhaus fast ausschließlich mit den Mitteln der Körpersprache.

Von seinem Schatten verfolgt, betreibt er intensive Interaktion mit Kästen und Stöcken, die als Zeichnungen via Dia auf großflächiges weißes Leinen projeziert werden. Der Protagonist konstruiert sich mit Hilfe der abgebildeten Gegenstände seine Welt – und seine Reibefläche.

Prusak schleudert sich auf den Boden, springt in die Luft und unterstreicht diese akrobatischen Einlagen mit der Gestik und Mimik eines verzweifelt Suchenden. Sein Ziel: Die (zu hoch hängende) Wasserflasche. Prusak platziert einen imaginären Kasten unter der Flasche, scheitert aber immer wieder – bis der ersehnte Tropf endlich tief genug zu hängen scheint. Doch da ist der Akteur schon in Apathie versunken.

Projektionsfläche und Realität verschwimmen in diesem absurden Stück auf wundersam verzerrte Weise. Der Verdurstende wird wie eine Marionette an der Schnur von den rätselhaften Umständen seiner Wirklichkeit durch die Handlung geführt – ein desillusioniertes Leben, dass ihm nur scheinbar die Möglichkeit zu kreativem Handeln einräumt.

Das zweite Stück dieses „Input“-Abends: „Über Frauen aber anders“, ebenfalls vom polnischen Theater aus Wroclaw. Zu indischen Sitarklängen und orientalischen Trommeln erkunden fünf Frauen die „weibliche Natur“. Die von ihnen eingenommenen Animations-Posen kommen nicht nur lasziv daher, auf tragische Momente folgen ruckartige Befreiungsschläge. Insgesamt ein stimmiges Wechselspiel von fließenden Bewegungen zu sphärischen Klängen.

Lutz Steinbrück

Die nächsten Aufführungen der Freien Tanz- und Theatertage „Input“: Heute und morgen Abend spielt (jeweils um 20.30 Uhr) das „Modelltheater Moskau“ im Kontorhaus in der Schildstraße. Die Russen verarbeiten unter anderem den Opernklassiker „Der Bajazzo“. Kartentelefon: (0421) 739 74.