Nur noch schlechte Nachrichten

Wachstumsprognose von Rot-Grün zu hoch gegriffen. Statt 1,5 Prozent schätzen die Wirtschaftsweisen nur 1,0 für 2003. Hoher Nachtragshaushalt wahrscheinlich

BERLIN ap/rtr/taz ■ Die anhaltend schwache Konjunktur dämpft alle Hoffnungen auf die wirtschaftliche Belebung im nächsten Jahr. Morgen legen die fünf Wirtschaftsweisen ihr Jahresgutachten für die Bundesregierung vor. Demnach wird das Wachstum 2003 nur noch ein Prozent erreichen. Die gesamte Planung von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) basiert dagegen auf einer Annahme von 1,5 Prozent.

Ende Oktober hatten fünf von sechs führenden deutschen Wirtschaftsinstituten in ihrem Herbstgutachten noch eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts von 1,4 Prozent für 2003 vorausgesagt. Einzig das traditionell pessimistische Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nannte eine Zahl von 0,9 Prozent.

Der Konjunkturforscher Udo Ludwig vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) nannte der taz gegenüber die Prognose der Wirtschaftsweisen „sehr niedrig“. Für das IWH, das am Herbstgutachten beteiligt war, gebe es keinen Anlass, die Voraussage von 1,4 Prozent zu senken. Vielmehr sieht Ludwig die eigenen Annahmen bestätigt. Ludwig begründete dies mit der derzeit positiven Entwicklung der Aktienmärkte und des Ölpreises.

Mit weiteren Hiobsbotschaften muss die Öffentlichkeit bei der Steuerschätzung rechnen, die ebenfalls morgen vorgelegt wird. Nach Schätzungen des Finanzministeriums soll der Einnahmenschwund in diesem und im nächsten Jahr jeweils 16 Milliarden Euro betragen.

Nach Veröffentlichung der Steuerschätzung kommt es wahrscheinlich zur Bekanntgabe eines Nachtragshaushaltes. Er wird zwischen 12 und 16,5 Milliarden Euro liegen. Die Neuverschuldung wird dieses Jahr mit mehr als 30 Milliarden Euro eine der größten in der Geschichte der Bundesrepublik sein.

Mit der Aufnahme neuer Kredite kann sich Finanzminister Eichel endgültig von seinem Sparkurs verabschieden. Wahrscheinlich wird auch das Ziel, bis 2006 einen Bundeshaushalt ohne neue Schuldenaufnahme zu verabschieden, unerreichbar werden. ZIP

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