Almosen für den Aufsichtsrat

Trotz Beschlusses der Mitglieder, der es den Aufsichtsräten des FC St. Pauli untersagt, Geld über den Verein oder angeschlossene Gesellschaften zu beziehen, sind Aufsichtsräte bezahlt worden. Paulick rechnete 73 Stunden zuviel ab

Zunächst ein bisschen trocken Brot aus der Vereinssatzung: Mit Beschluss der Jahreshauptversammlung vom 12.10.2001 und §17, Absatz 3 der Satzung des FC St. Pauli dürfen Mitglieder des Aufsichtsrates „nicht in einem Anstellungsverhältnis zu dem Verein stehen, oder auf einer anderen Basis für diesen entgeltlich tätig sein, weder unmittelbar noch mittelbar. (...) Die Mitgliederversammlung (MV) kann mit einfacher Mehrheit beschließen, dass der Aufsichtsrat eine Aufwandsentschädigung für seine ausgeübte Tätigkeit erhält. In dem Beschluss der MV muss auch die Höhe der Entschädigung geregelt sein.“ Zu diesem Passus wurde unter § 32, Absatz 5 eine Übergangsregelung formuliert. „Soweit nach dieser Satzung Anstellungsverträge oder ähnliche Vereinbarungen zwischen Organmitgliedern und dem Verein unzulässig sind, bleiben Verträge unberücksichtigt, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzung bereits bestanden.“ Dennoch ist nach Inkrafttreten der Satzung am 16.4.2002 satzungswidrig Geld in die Taschen der Aufsichtsräte geflossen.

Behauptete St.Pauli-Präsident Reenald Koch noch am 12.10.2001 auf der MV, dass „es (...) heute kein Aufsichtsratsmitglied (gibt), dass in irgendeiner Verbindung oder in einem vertraglichen Verhältnis zu dem Verein steht und von diesem Geld bekommt“, fragt man sich anhand der taz vorliegenden Dokumente über Nebenjobs des aktuellen Aufsichtsratsmitglieds Dietrich Ellger, ob Koch den Mitgliedern gegenüber die Wahrheit gesagt hat. Ellger rechnete im Zeitraum Oktober 2001 bis September 2002 knapp 3000 Euro für die „Beschaffung von Informationen“ bei der Stadionbetriebsgesellschaft ab. Diese ist 100-prozentige Tochter des Vereins.

Eine Kleinigkeit gegenüber einer von vielen Abrechnungen, die Aufsichtsratsmitglied Peter Paulick nach Zustimmung des Aufsichtsrats der Stadionbetriebsgesellschaft in Rechnung gestellt hat. Für einen Stundensatz von 130 Euro rechnete Paulick beispielsweise im April 2002 99 Stunden und somit eine Summe von knapp 15.000 Euro ab. Darunter einen Termin mit dem damaligen SPD-Innensenator Olaf Scholz, der am angegebenen Datum nicht stattgefunden habe, wie der Sprecher von Scholz, Christoph Holstein, bestätigt. Fast alle am 11.4.2002 in Rechnung gestellten Termine fanden bezüglich der Stadionplanung statt. In welcher Funktion Paulick an diesen Gesprächen teilgenommen hat, bleibt unklar. Paulick selbst erklärt: „Der Verein kann es sich nicht leisten, auf die Kompetenzen einiger Mitglieder zu verzichten.“

Nach Prüfung der Stundenaufstellung durch den Koordinator in der Stadionbetriebsgesellschaft, Frank Fechner, ergab sich, dass „diese in weiten Teilen weder sachlich nachvollziehbar noch angemessen“ ist. Die Prüfung ergab weiterhin, „dass etliche Stunden bereits mit Rechnungen vom 17.12. 2001 und 12.10. 2001 abgerechnet worden sind. Des Weiteren heißt es in der Stellungnahme der Stadionbetriebsgesellschaft: „Einige Termine können mit den angegebenen Beteiligten nicht stattgefunden haben, andere sind inhaltlich nicht nachvollziehbar.“ Knapp einen Monat später stellt der Anwalt Peter Paulick eine bereinigte Rechnung an die Gesellschaft. Dort rechnet er nur noch 26 statt 99 Stunden und nur noch knapp 4000 Euro ab. „Das ist eine Fehlberechnung einer Stundenaufstellung, die zweimal in dieselbe Akte gerutscht ist“, erklärt Paulick. Ein Kuddelmuddel, in dem nicht nur Daten, sondern auch Personen und Themen wirr durcheinander geraten sind und ein Irrtum in 73 Terminen vorgelegen haben muss, wie die bereinigte und letztendliche Abrechnung aussagt. „Nun werden andere Anwälte bestellt, dass kommt den Verein sicherlich nicht günstiger“, weiß Paulick.

Das dürften dann Anwaltskollegen wie Jörg Köhncke sein, der für den FC St. Pauli die Verhandlungen im Fall Dietmar Demuth bearbeitet hat und vom scheidenden Präsidenten Reenald Koch in den Aufsichtsrat gewünscht wird. OKE GÖTTLICH