Mutter darf nicht mithören

Karlsruhe: Heimliches Mithören eines Telefonats darf nicht vor Gericht verwertet werden

KARLSRUHE taz ■ Wer ein Telefongespräch über eine Freisprechanlage mitgelauscht hat, kann im Zivilprozess in der Regel nicht als Zeuge auftreten. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht mit einem gestern veröffentlichten Beschluss. Das heimliche Mithören verletze die Persönlichkeitsrechte des anderen Gesprächsteilnehmers. Die Aussage des Lauschers sei daher nicht verwertbar.

Konkret ging es um einen Gebrauchtwagen, der Mängel aufwies. Der Käufer wollte den Kauf rückgängig machen und behauptete vor dem Landgericht Heilbronn, er habe sich telefonisch mit dem Verkäufer auf eine Aufhebung des Vertrags geeinigt. Als der Verkäufer dies bestritt, präsentierte der Käufer seine Mutter als Zeugin: Sie hatte das Telefonat ohne Wissen des Gesprächspartners über eine Freisprecheinrichtung mitgehört. Der Klage des Käufers wurde daraufhin stattgegeben.

Bisher nahmen die Zivilgerichte ein Verwertungsverbot für derartige Zeugenaussagen nur an, wenn der Inhalt des Telefonats vertraulichen Charakter hatte oder der Gesprächspartner ersichtlich Wert auf Vertraulichkeit legte. Beides war beim Streit um den defekten Gebrauchtwagen nicht der Fall. Nun allerdings hatte der Verkäufer mit seiner Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe Erfolg. Der Erste Senat des Verfassungsgerichts entschied, dass das „Recht am gesprochenen Wort“ auch die Auswahl der Personen beinhalte, die ein Gespräch mithören können.

Ausnahmen lässt Karlsruhe von nun an nur noch gelten, wenn es um die Aufklärung „besonders schwerer Straftaten“ geht oder bei Abwehr eines „kriminellen Angriffs auf die berufliche Existenz“ wie zum Beispiel durch Produktpiraten (Az.: 1 BvR 1611/96).

CHRISTIAN RATH