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: Ich-TV

„Das große Schauspiel“ Phoenix, Montag, 20.15 Uhr

Wer Phoenix schaut, der gehört wahrscheinlich zu einer Minderheit besonders politisch interessierter Menschen, die das, was der Film „Das große Schauspiel – Inszenierung von Politik im permanenten Wahlkampf“ erzählt hat, wahrscheinlich nicht als besonders neu empfunden haben. Sehenswert war es trotzdem. Die beiden Regisseure Stephan Lamby und Klaus Radke wollten darin einen Blick auf die Kulissen der politischen Kommunikation werfen, die alltägliche Selbstinszenierung von Politikern beschreiben. Dafür haben sie die Mitschnitte von rund 1.000 Sendungen ausgewertet und in ihrem Film benutzt. So konnte man in spaßig zusammengeschnittener Folge Cem Özdemir sehen, wie er sich als Biene in der Talkshow „Zimmer frei!“ versucht, Gerhard Schröder als Schauspieler in „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, Westerwelle im „Big Brother“-Container beobachten oder noch einmal jenen fast schon legendären Auftritt des Kanzlerkandidaten Stoiber bei Polit-Talkerin Christiansen verfolgen.

Aber Lamby und Radke haben politische Inszenierung auch da gezeigt, wo sie nicht mehr zum Schmunzeln ist, sondern ernsthaft Folgen nach sich zieht, wie etwa in der Möllemann-Karzli-Debatte oder im Streit um das Zuwanderungsgesetz. Die Stärke des Filmes war, dass genau diese Sequenzen von Menschen kommentiert und besprochen wurden, die sich professionell mit Inszenierung beschäftigen. Filmregisseur Dominik Graf etwa oder der Werbefachmann Sebastian Turner. Lamby und Radke nehmen deren Kritik zum Hauptanliegen ihres Filmes: Wenn die Inszenierung zum Selbstzweck wird, dann bleibt die Politik auf der Strecke, der Darstellung von Politik folgt keine Politik mehr. Insgesamt also ist dem Film mit seinem genauen Blick auf die politische Medienmaschinerie eine runde, umfassende Darstellung dessen gelungen, was heutzutage als normal gilt im politischen Alltag. Dass Lamby und Radke dabei eigentlich nichts Neues gezeigt haben, sondern ihre Kamera nur unverwandt auf Reporter, Pressekonferenzen und Scharen von Kamerateams gehalten haben, tut dem keinen Abbruch. Im Gegenteil: Es hat gezeigt, dass zur Inszenierung nicht nur willige Politiker gehören. SUSANNE AMANN