Kopftücher schaden dem Parfümumsatz

… fand der Besitzer eines Kaufhauses in Hessen. Bundesarbeitsgericht entscheidet über die Kündigung der Muslima

FREIBURG taz ■ Das islamische Kopftuch spielt nicht nur in der Schule eine Rolle, jetzt kämpft auch eine Verkäuferin um ihren Job. Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt wird heute entscheiden, ob Fadime C. gekündigt werden durfte, weil sie nur noch mit Kopftuch arbeiten wollte.

Die heute 32-jährige Türkin hatte beim Kaufhaus Langer im hessischen Schlüchtern bereits ihre Lehre absolviert und dann über zehn Jahre gearbeitet, meist in der Parfümerieabteilung. Als sie sich nach dem Erziehungsurlaub für ihr zweites Kind zurückmeldete, wollte sie jedoch nur noch mit Kopftuch arbeiten. Ihre religiöse Einstellung habe sich gewandelt, sie habe sich dem Islam zugewandt, sagte sie zur Begründung. Ihre Vorgesetzten lehnten dies jedoch ab. Eine Verkäuferin mit Kopftuch werde von den Kunden in der ländlich-konservativ geprägten Kleinstadt Schlüchtern nicht akzeptiert, argumentierten sie, es drohten Umsatzeinbußen. Nicht einmal auf den Versuch wollten sie es ankommen lassen. Da auch in der Warenannahme kein Job frei war, wurde Fadime C. gekündigt. Seither wird vor Gericht gestritten.

Das hessische Landesarbeitsgericht hielt im Vorjahr die Kündigung für gerechtfertigt. Im Kaufhaus Langer werde von den Verkäuferinnen eine „unauffällige“ Kleidung verlangt, das sei auch Teil von C.s Arbeitsvertrag. Wenn sie dieser „vertraglichen Nebenpflicht“ aus religiösen Gründen dauerhaft nicht nachkommen könne, dürfe das Arbeitsverhältnis beendet werden.

Die Richter stellten allerdings klar, dass es sich hier um keine verhaltensbedingte Kündigung handle, denn das Tragen eines Kopftuches sei durchaus durch die Grundrechte der Muslima geschützt. Die Kündigung sei vielmehr „personenbezogen“, wie bei der langfristigen Erkrankung eines Arbeitnehmers.

Fadime C. kämpft nun in der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht um ihre Wiedereinstellung. „Eine Verkäuferin mit Kopftuch beeinträchtigt die Interessen eines Arbeitgebers nicht so stark, dass dies eine Kündigung erlaubt“, argumentiert C.s Anwalt, „auch auf dem Land sind die Leute heute aufgeschlossener, als wohl manche vermuten.“

Vermutlich werden die BAG-Richter heute eine Grundsatzentscheidung zur Zulässigkeit des Kopftuches in privaten Arbeitsverhältnissen fällen. Bisher ging es vor Gericht meist um den Schulunterricht. Erst im Juli diesen Jahres hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, es verletze die religiöse Neutralität des Staates, wenn eine Lehrerin in der Schule ein Kopftuch trage. Zur Neutralität sind die Inhaber eines Kaufhauses zwar nicht verpflichtet, sie können jedoch eigene wirtschaftliche Grundrechte geltend machen. CHRISTIAN RATH