Ewiger Bündnisfall

Nato-Generalsekretär Robertson sieht weiterhin die Bedingungen gegeben, den Verteidigungsfall des westlichen Bündnisses auszurufen

BERLIN taz ■ Eine Beendigung des nach den Anschlägen vom 11. September letzten Jahres ausgerufenen Nato-Bündnisfalles ist nicht in Sicht. Nato-Generalsekretär George Robertson sagte gestern bei einer Veranstaltung in Berlin, die damals festgestellte Bedrohung sei noch nicht vorüber, das Netzwerk al-Qaida noch nicht zerschlagen. „Wir werden wissen, wann es richtig ist“, sagte Robertson auf die Frage, unter welchen Bedingungen die Allianz den unter Artikel 5 des Nato-Vertrages vorgesehenen Fall beenden würde.

Nach Ansicht Robertsons steht die in der vergangenen Woche von Präsident George W. Bush verkündete neue Sicherheitsdoktrin der USA, die ausdrücklich ein Bekenntnis zu Präventionskriegen umfasst, im Einklang mit den Aufgaben der Nato. Abschreckung habe immer die Option auf Präventivschläge enthalten, sagte Robertson. Auch auf dem Balkan habe man präventiv gehandelt und nicht gewartet, „bis Milošević’ Panzer in Paris standen“.

In den Konflikt mit dem Irak sei die Allianz „noch nicht“ einbezogen. „Die Amerikaner fordern nichts von der Nato“, sagte der Nato-Generalsekretär. Die USA hätten bei dem vorgestern beendeten informellen Treffen der Verteidigungsminister der Nato in Warschau aber detailliert unterrichtet. Ein Schwerpunkt des Treffens seien die Bemühungen des Bündnisses gewesen, Truppen und Zivilbevölkerung gegen Angriffe mit Atom-, Chemie- und Biowaffen zu schützen.

Die Spannungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis sind nach Auffassung Robertsons kein Thema für die Nato. Es habe schon häufig Spannungen zwischen Mitgliedsstaaten gegeben, die immer beigelegt worden seien. Als Beispiele nannte Robertson den Konflikt zwischen Griechenland und der Türkei.

Nach Angaben der FAZ zeichnet sich ab, dass die Bundesregierung den USA eine Beteiligung an einem Nachkriegseinsatz im Irak anbieten könnte. Im Auswärtigen Amt habe man solch ein Angebot „nicht ausgeschlossen“, berichtete die Zeitung in ihrer gestrigen Ausgabe. Dies sei Teil eines Szenarios, um das angespannte Verhältnis zwischen Berlin und Washington zu verbessern. ERIC CHAUVISTRÉ

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