Bewegung bewegt

Klettern, springen, tanzen: In der Kinderaktionshalle sind Kinder in Bewegung. Zunächst nur zur Probe, denn es fehlen noch Spenden

Es fehlt an öffentlichem und witterungsgeschützem Spielraum

von SANDRA WILSDORF

Ein Junge sitzt im Rollstuhl und schaukelt hoch oben in der Luft. Ein Lehrer und zwei Mädchen haben ihn mit einem Seil hochgezogen, er lacht. Als er wieder unten ist, setzt sich der Nächste rein. Das Mädchen, das den Rollstuhl zur Fortbewegung braucht, hat sich die Welt von oben schon angesehen und liegt jetzt auf einer Matte. Nebenan ist eine noch längere Schlange vor einer Leiter, an deren Ende der Fall in ein Sprungtuch wartet. Netze, Tücher, Balken und Leitern bilden eine riesige Kletterlandschaft. Kinder tanzen Mambo und trommeln.

Fünf- bis Zwölfjährige erfahren, wie schön sie sein könnte, die Kinderaktionshalle. Drei Tage lang hat der Verein „Kinder-Aktionshalle in Hamburg e. V.“ 1500 Schulkinder zu einer Aktionshalle auf Probe eingeladen. Vier Sporthallen auf dem Universitätsgelände haben sie dafür zu Spiel- und Bewegungshallen umgestaltet.

Die bewegungsreichen Tage sollen für das Vorhaben des Vereins begeistern, in Hamburg eine feste Kinderaktionshalle zu bauen, die täglich geöffnet hätte. Das ambitionierte und nicht kommerzielle Vorhaben betreibt der Verein seit zwei Jahren. Das Rauhe Haus, der Fachbereich Sportwissenschaften der Uni Hamburg, „Spieltiger e. V.“ sowie der Verein Psychomotorische Entwicklung, Soziale Integration und Rehabilitation (PESIR) sind die Initiatoren. Die Fachleute aus Sport und Pädagogik wollen eine Schnittstelle zwischen Schule und Verein schaffen. Denn in einer Stadt, in der 180.000 Kinder neben 820.000 Autos leben, wird der Platz immer enger. „Es fehlt an öffentlichem und witterungsgeschützem Spielraum“, sagt die Vereinsvorsitzende Helga Treeß, die in der Familienhilfe des Rauhen Hauses arbeitet und täglich erlebt, was dieser Mangel bedeutet: „Weil wir hier nicht an der Côte d‘Azur leben, sind viele Kinder auf Kinderzimmer und Fernsehen beschränkt.“ Doch Bewegungsmangel mache aggressiv. Die Aktionshalle soll ihnen Kontinuität geben, soll sie jeden Tag etwas erleben lassen, ohne dass sie irgendwo Mitglied werden müssen. „Denn dieser Verpflichtungsgrad wird von vielen Jugendlichen nicht mehr akzeptiert“, sagt Sportwissenschaftler Professor Knut Dietrich. Weil auch Markus Schreiber, Bezirksamtschef in Mitte, von der Idee begeistert ist, hat er ein Gelände auf der Horner Rennbahn dafür reserviert. Der Architekt Jean-Pierre Gallembert hat ein Modell entwickelt: Mit einer 250 Meter langen Rollbahn, Kletterfelsen, Bühnen, Hängematten, Rutschen, Trampolinen, Kisten und Brettern zum Höhlenbau und einem transparenten Zeltdach. Was fehlt, ist Geld: Fünf Millionen Euro würde die Halle kosten, für den Betrieb veranschlagt der Verein etwa 500.000 Euro jährlich. Der Verein hofft auf Spenden und Sponsoren.

Anika, Tamara und Celia aus Billstedt waren gestern jedenfalls begeistert von der Kostprobe. Wenn die Halle steht, „dann kommen wir ganz oft“, sagt Tamara. Das sei „viel besser als Turnunterricht“, fügt Celia hinzu.

Wer spenden will, kann das bei der Hamburger Sparkasse, Konto 1077-212 296, BLZ 200 505 50, Informationen gibt es unter ☎ 040-655 91 130 oder www.kinderaktionshalle.de