Im Norden atmet die PDS weiter

Auch die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern bescheren der PDS eine klare Niederlage. Dennoch wird Rot-Rot aller Voraussicht nach weiter regieren. Die Schweriner SPD übte sich am Tag nach der Wahl in Beistand: „Die haben gut gearbeitet“

aus Schwerin SUSANNE AMANN

Die Enttäuschung war auch am Morgen danach noch deutlich: „Wir haben gekämpft und wir haben verloren“, sagte eine sichtlich bestürzte Angelika Gramkow, PDS-Spitzenkandidatin in Mecklenburg-Vorpommern und bislang Fraktionsgeschäftsführerin in der rot-roten Landesregierung. „Wir haben unser Ziel 25 plus x nicht erreicht. Das ist bitter.“ Klare Worte für eine Niederlage, die deutlicher kaum hätte ausfallen können. In dem nördlichsten der fünf neuen Länder kommen die Postsozialisten laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis nur noch auf 16,4 Prozent – und haben gegenüber 1998 8 Prozentpunkte verloren.

An der Regierungskoalition wird der verlorene Stimmenanteil vermutlich nichts ändern. Denn so deutlich die Verluste des kleinen Koalitionspartners, so klar ist das Ergebnis der SPD. Die erhielt 40,6 Prozent der Stimmen und damit über 6 Prozentpunkte mehr als 1998. Die CDU legte leicht um 1,1 Prozentpunkte zu und wurde mit 31,3 Prozent zweitstärkste Kraft im Landtag. Die FDP scheiterte mit 4,7 Prozent knapp an der Fünfprozenthürde, während Bündnis 90/Grüne mit 2,6 Prozent den Einzug in das Parlament klar verpassten. Die Wahlbeteiligung lag mit 71,1 Prozent rund 8 Prozentpunkte niedriger als 1998.

„Die positiven Seiten unserer gemeinsamen Regierungspolitik scheinen der SPD zugerechnet worden zu sein, für die negativen Seiten stand die PDS“, zeigte sich Gramkow ein wenig verbittert. Auch wenn man dem Partner natürlich keinesfalls die Schuld an den 16 Prozent in die Schuhe schieben wolle. „Wir haben dem enormen Erwartungsdruck in der Bevölkerung nicht standhalten können“, sagte Gramkow, vor allem bei Fragen der sozialen Gerechtigkeit und der Chancengleichheit. Zu der Frage, ob auch die zwielichtigen Geschäfte des stellvertretenden Ministerpräsidenten und PDS-Arbeitsministers Helmut Holter eine Rolle gespielt hätten, wollte sich Gramkow nicht äußern. Klar sei nur, dass die Niederlage zu neuen Diskussionen über den Kurs der Partei führen werde. „Ich rechne damit, dass sich jetzt diejenigen zu Wort melden werden, die schon immer Probleme mit der Koalition hatten.“

Bei der SPD zeigte man sich dagegen in Siegerlaune. Man wolle die Koalition fortsetzen, ließ Ministerpräsident Harald Ringstorff, der in Berlin weilte, ausrichten. Mit der CDU über eine große Koalition zu sprechen sei „überflüssig“. Der PDS werde die SPD trotz deren Verlusten in einer Koalition „die Luft zum Atmen“ lassen. „Die haben gut gearbeitet“, hätschelte auch SPD-Innenminister Gottfried Timm den kleineren Partner. Bestimmte politische Ergebnisse der Regierungsarbeit seien aber von seiner Partei besser kommuniziert worden. Ob die PDS auch in einer künftigen Koalition drei der neun Minister stellen werde, dazu wollten sich weder SPD noch PDS äußern. Noch gestern Abend wollten die erweiterten Führungsgremien beider Parteien in Rostock und Güstrow in Klausur gehen, um sich über die Grundlinien zu verständigen.

In der Union war die Enttäuschung trotz des leichten Stimmengewinns groß. Das rot-rote Desaster werde jetzt wohl in die Verlängerung gehen, sagte Eckhardt Rehberg, der parteiintern umstrittene Spitzenkandidat. Und das, obwohl man „Alternativen zur Stillstandspolitik von Rot-Rot“ angeboten habe. Grund für das Verfehlen des Wahlziels sei auch die parallel laufende Bundestagswahl gewesen, beklagte der ehemalige christdemokratische Innenminister Armin Jäger. „Der Bundestrend hat uns voll erwischt.“

Klare Worte für den ungefragten Einfluss der Bundespartei fand man auch bei der FDP. „Wir können uns bei der Bundespartei für die beispiellose Hilfe wirklich nur bedanken“, zeigte sich die stellvertretende Landesvorsitzende Gabriele Kriese sichtlich angesäuert. Denn bevor sich FDP-Dauerbrenner Jürgen Möllemann mit antisemitischen Flugblättern wieder in die Schlagzeilen gebracht hatte, lagen die Prognosen im Land deutlich über 5 Prozent. „Wir werden wieder das machen, was wir für richtig halten, und der Partei in Berlin sehr deutlich die Meinung sagen“, so Kriese.