Volkswagen setzt auf 26-Liter-Auto

Neuer Vorstandschef mit neuer Strategie: Bernd Pischetsrieder lässt die umweltfreundlichen VW-Modelle Lupo und Audi A 2 sterben und entwickelt gleichzeitig den Spritfresser Phaeton weiter. Spekulationen über schlechte Geschäftsaussichten

aus Hannover JÜRGEN VOGES

Beim Verkehrsclub Deutschlands (VCD) herrschte gestern Entsetzen über den Kurswechsel bei Europas größtem Autobauer. Volkswagen-Chef Bernd Pischetsrieder habe mit der Entscheidung gegen die umweltfreundlichen Modelle Lupo und Audi A 2 „genau den falschen Weg“ eingeschlagen, sagte VCD-Sprecher Daniel Kluge. Der Volkswagen-Vorstandschef hatte zuvor in einem Gespräch mit der Welt einen radikalen Umbau des Autokonzerns angekündigt, dem ausgerechnet die Fahrzeuge der VW-Modellpalette zum Opfer fallen sollen, die die besten Umweltwerte aufweisen.

„Fahrzeugtypen, die nicht profitabel sind, laufen aus, bekommen kein Nachfolgemodell“, lautet die neue Marschroute Pischetsrieders. Der VW-Chef hat laut Welt einen neuen Vorstandsausschuss Produktplanung installiert, der künftig Doppelentwicklungen bei den verschiedenen VW-Tochterunternehmen vermeiden und die Modellpalette straffen soll. Ganz oben auf der Liste der Auslaufmodelle stehen der Audi A 2 und der Lupo, der laut Pischetsrieder technisch genauso aufwändig ist wie der einige tausend Euro teurere Polo – da nutzt es offenbar wenig, dass das Modell zuletzt bei den Neuzulassungen in der Klasse Mini den Spitzenplatz belegte.

Gerade Lupo und Audi A 2 sieht der VCD allerdings an der Spitze bei den umweltfreundlichen Autos. Den Lupo 1,4 Liter SSI habe man gerade auf den ersten Platz der Autoumweltliste gesetzt, erinnert VCD-Sprecher Kluge. Das Auto sei zwar mit 105 PS übermotorisiert, erreiche aber sehr gute Werte bei Schadstoffen, Verbrauch und Lärm, wenn es schonend gefahren werde. Als Diesel sei der Lupo bekanntlich als 3-Liter-Auto erhältlich und damit ohnehin „top“. Der Audi A 2 habe es immerhin noch auf den zweiten Platz der Autoumweltliste geschafft. Gerade diese Modelle, „die außerordentlich förderungswürdig sind“, wolle VW jetzt auslaufen lassen, kritisierte der VCD-Sprecher. Das Unternehmen solle statt dessen lieber Lupo und Audi A 2 so weiterentwickeln, dass sich der Preis beispielsweise durch leistungsschwächere Motoren nach unten schrauben lasse. VW, das noch auf dem UN-Gipfel in Johannesburg mit seiner Nachhaltigkeitsstrategie geworben habe, habe die guten Umweltwerte der beiden Modelle bislang nicht genügend herausgestellt.

Allerdings ist Volkswagen stets zweigleisig gefahren. Neben sparsamen Kleinwagen wurde in den vergangenen Jahren auch der Phaeton als neues Spitzenmodell zur Marktreife gebracht. Das VW-Spitzenmodell verbraucht laut VCD im Stadtverkehr über 26 Liter und gilt dem Verband „als absolut nicht mehr zeitgemäß“. Den Sprit fressenden Zwölfzylinder will Pischetsrieder jedoch weiterentwickeln, bereits im Frühjahr soll eine Langversion auf den Markt kommen.

Für die Freunde umweltfreundlicher Kleinwagen hatte die VW-Pressestelle nur wenig Trost parat. Die Produktion von Lupo und Audi A 2 würde keineswegs vorzeitig abgebrochen, betonte VW-Sprecher Dirk Große-Leege. Vielmehr würden die beiden Modelle nur wie geplant auslaufen. Über Nachfolgemodelle sei einfach „noch nicht entschieden“. Auch Pischetsrieder sei der Auffassung, dass man bei Volkswagen ein „Modell unterhalb des Polo“ brauche. Im Ausschuss für Produktplanung werde entschieden, welche Konzerntochter in welchem Land für welche Produkte zuständig sei.

Analysten sahen in der Ankündigung Pischetsrieders noch einen ganz anderen Hinweis: Sie spekulierten gestern über eine Schwächephase bei VW, auf die die Märkte offenbar vorbereitet werden sollten.