Fischer sieht Friedenschance

Bundesaußenminister verteidigt im taz-Interview das Nein der Bundesregierung zum Irakkrieg und weist den Vorwurf des Antiamerikanismus zurück. Eine Isolierung Deutschlands sieht er nicht

BERLIN taz ■ Auch nach dem ersten Einlenken des Regimes von Saddam Hussein hält Bundesaußenminister Joschka Fischer die Gefahr eines Krieges gegen den Irak noch nicht für gebannt. Im taz-Interview betont Fischer allerdings: „Wenn das irakische Angebot zu UN-Kontrollen ohne Vorbedingungen ernst gemeint ist, dann kann das die Chance sein, einen Krieg zu verhindern.“

Fischer warnt, der Westen dürfe sich jetzt nicht über einen Sturz Saddams zerstreiten. Wichtig sei vor allem, dass der UNO-Sicherheitsrat „zusammenbleibe“. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Vereinten Nationen ein Mandat zum Sturz des irakischen Diktators erteilten.

Fischer verteidigt in der taz das deutsche Nein zu einem Irakkrieg gegen Vorwürfe von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber. Der CSU-Chef hatte der Bundesregierung vorgehalten, sie habe nichts zum Einlenken des Irak beigetragen, weil sie sich der militärischen Drohkulisse der USA verweigert habe. Der grüne Spitzenkandidat bei der Bundestagswahl bestreitet dagegen, dass die Bundesregierung isoliert sei: „Davon spüre ich überhaupt nichts. Das ist Quatsch.“ Auch den Verdacht, Antiamerikanismus zu schüren, weist der Minister zurück: „Wir bedienen keine Ressentiments.“

Unterdessen nahm die für die Waffeninspektionen im Irak zuständige Kommission der Vereinten Nationen, Unmovic, in New York Gespäche mit irakischen Regierungsvertretern auf. Nach Angaben des schwedischen Unmovic-Chefs Hans Blix wird es kommende Woche ein weiteres Treffen beider Seiten in Wien geben. Dabei soll Irak der UN-Kommission die ausstehenden Halbjahresberichte über den Stand seiner Abrüstungsmaßnahmen vorlegen. Iraks Außenminister Nadschi Sabri wiederholte, dass seine Regierung „zur raschen und sofortigen Wiederaufnahme“ der Waffeninspektionen bereit sei.

US-Präsident Bush traf gestern mit führenden Demokraten und Republikanern zusammen, um über die Zustimmung des US-Kongresses zu einem Krieg gegen den Irak zu verhandeln. Zuvor hatte der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Tom Daschle, die Bereitschaft der Demokraten erklärt, noch vor den Kongresswahlen Anfang November eine Entschließung zu verabschieden, die den Präsidenten zur Kriegführung ermächtigt. Das Einlenken des Irak in der Frage der UN-Waffeninspektionen wies Bush als „Täuschung“ zurück. Trotz der Einwände der Veto-Mächte Frankreich und Russland gegen eine neue Resolution des UN-Sicherheitsrates zur Androhung militärischer Gewalt gegen den Irak zeigte sich Bush gestern zuversichtlich, dass die USA nicht unilateral vorgehen müssten. „Staaten, die sich um den Frieden sorgen und um den Wert der Vereinten Nationen, werden sich uns anschließen.“ PAT/EC

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