Das Auto bleibt die Woche kalt

Erste „Europäische Woche der Mobilität“ beginnt mit „Bus- und Bahn-Tag“. Erdgas etabliert sich im ÖPNV. Autokonzerne testen schadstoffarmen Motor

BERLIN taz ■ Kein Motor, der röhrt, und keine Abgaswolke, die stinkt – als die Umweltkommissarin der Europäischen Union Margot Wallström gestern zur Eröffnung der ersten „Europäischen Woche der Mobilität“ anreiste, tropfte lediglich ein bisschen Wasser aus dem Auspuff. Gemeinsam mit den rund 20 europäischen Partnerorganisationen fuhr die Kommissarin mit einem Hybridbus vor und demonstrierte, wie die Zukunft des Straßenverkehrs in Europa aussehen könnte.

Brennstoffzellenbetriebene Fahrzeuge. Unklar ist, wann sie Verkehrsalltag werden. Fest steht aber der Wille zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik. Nur darum geht es in der Mobilitätswoche. Der erste Tag stand im Zeichen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), der Busse und Bahnen. In Deutschland verzeichnet der ÖPNV Zuwächse – im Jahr 2001 waren es 1,4 Prozent mehr Fahrgäste. Das reicht aber nicht, um die Umweltbelastungen drastisch zu mindern.

Städte und Gemeinden entdecken jetzt einen alternativen Kraftstoff: Erdgas. Zurzeit sind rund 700 Erdgasbusse in 31 Städten im Einsatz. Seit Sonntag zählt auch Frankfurt an der Oder zu den Erdgas-Städten – als bundesweit einzige, die mit 22 Bussen ihre komplette Flotte umgestellt hat.

Dennoch hinkt Deutschland im europäischen Vergleich hinterher. Während in Italien beispielsweise rund 400.000 Busse, Autos und Lastwagen mit Erdgas fahren, sind es in Deutschland nur an die 13.000.

Der große Unterschied hat nicht nur umweltpolitische, sondern vor allem wirtschaftliche und strategische Gründe. Zwar hat die ökologische Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung gute Rahmenbedingungen geschaffen, da die zweite Stufe der Reform bis 2009 einen niedrigen Preis für Erdgas garantiert. Was aber fehlt, ist die notwendige Infrastruktur. Ohne ein flächendeckendes Tankstellennetz wird sich der alternative Kraftstoff nicht durchsetzen. Deshalb hat die Erdgaswirtschaft die Gesellschaft Erdgasmobil gegründet, die in den nächsten vier Jahren 1.000 Tankstellen bauen will. Sie sollen in die regulären Tankstellen der großen Mineralölkonzerne integriert werden. „Wir haben die Blockadesituation Henne oder Ei, also zuerst die Fahrzeuge oder zuerst die Kraftstoffversorgung, beendet“, so Roland Bartosch vom Bundesverband Gas und Wasser (BGW).

Die Gaswirtschaft schafft nicht nur die Infrastruktur, sie hat zudem eine technische Neuentwicklung angestoßen, die es ermöglicht, Dieselmotoren mit Erdgas zu betreiben. Auf der derzeit in Hannover stattfindenden IAA Nutzfahrzeuge 2002 präsentierte der BGW den neuen „Ding“-Motor. Der Name steht für Direct Injection of Natural Gas. Das bedeutet: Erdgas wird direkt eingeblasen und mit einer Glühkerze gezündet. So werden weniger Schadstoffe ausgestoßen, weniger Kraftstoff verbraucht, aber die Leistung bleibt gleich hoch.

Gute Voraussetzungen also für den wirtschaftlichen Erfolg: „Der Motor passt genau in eine Marktlücke“, so Lars Mönch vom Umweltbundesamt. Die herkömmlichen Diesel-Lkws könnten auf diese Weise einfach und günstig umgerüstet werden – ein weiterer Schritt, Erdgas als Kraftstoff im Straßenverkehr zu etablieren. Ein Indiz dafür sei der Einstieg von DaimlerChrysler und Volkswagen in das Projekt. Die Konzerne werden die Technik Ende dieses Jahres in ihren Nutzfahrzeugen testen. SUSANNE LANG