Mazedonier votieren für Machtwechsel

Die Sozialdemokraten gewinnen bei den Parlamentswahlen die absolute Mehrheit. Partei des Ex-UÇK-Führers Ali Ahmeti soll an der Regierung beteiligt werden. Internationale Beobachter sind mit dem Verlauf der Wahl zufrieden

SPLIT taz ■ Mit dem Sieg des sozialdemokratischen Wahlbündnisses „Gemeinsam für Mazedonien“ und der „Demokratischen Union für Integration“ (BDI) des Ex-UÇK-Führers Ali Ahmeti haben die Wähler in Mazedonien für einen Machtwechsel gestimmt. Der EU-Gesandte Alain Le Roy begrüßte den Ablauf der Wahlen, die mit einer Beteiligung von über 70 Prozent ruhig verlaufen war. Mit dem 39-jährigen Branko Crvenkovski kehrt ein Mann an die Macht zurück, der das Land von 1992 bis 1998 regiert hatte. Vor vier Jahren wurde er vor allem wegen des wirtschaftlichen Zerfalls abgewählt.

Jetzt ist er wieder da. Und kann für sein Wahlbündnis sogar mit 67 der 120 Sitze im Parlament rechnen. Voraussichtlich werden die Sozialdemokraten nicht alleine regieren, sondern mit der jetzt stärksten Albanerpartei (13 Sitze) eine Koalition eingehen. Die bisherige Koalition aus slawisch-mazedonischen und albanischen Nationalisten, der „Innermazedonischen Revolutionären Organisation“ (VMRO) unter Ljubco Georgievski und der „Demokratischen Partei der Albaner“ (DPA) von Arben Xhaferi, wurde mit voraussichtlich um die 30 beziehungsweise 8 Sitze vernichtend geschlagen.

Diese Koalition hatte vor vier Jahren ähnlich große Hoffnungen geweckt wie die Wahlsieger heute. Der Kompromiss der Nationalisten, die noch von den Liberalen unterstützt wurden, schien damals den Frieden zu sichern und die marktwirtschaftliche Modernisierung voranzubringen. Doch die Hoffnungen wurden enttäuscht. Mit dem wirtschaftlichen Niedergang verstärkten sich die ethnischen Konflikte, die sich vor einem Jahr im fünf Monate dauernden Krieg entluden. Zudem wurden seit dem Friedensabkommen von Ohrid im Sommer 2001 nur wenige der Bestimmungen umgesetzt, die eine Gleichberechtigung der Albaner im Staat sichern sollten. Anschläge und Morde auf beiden Seiten sorgen bis heute für Spannungen. Nach wie vor sehen die meisten slawischen Mazedonier in den Albanern einen Fremdkörper in „ihrem Nationalstaat“. Mit ihren Stimmen für nationalistische Parteien zeigen die Albaner, dass sie den Staat Mazedonien nicht anerkennen. Mit der Albanermiliz AKSh und der Existenz der Sondertruppen des Innenministeriums haben die Extremisten beider Seiten weiter Instrumente, zum Krieg überzugehen.

Dennoch sehen viele internationale Diplomaten in einer Koalition zwischen den stärksten Parteien beider Volksgruppen die einzige Möglichkeit, die Lage zu beruhigen. Man traut dem Ex-UÇK-Führer Ali Ahmeti zu, die bewaffneten Splittergruppen der „Nationalen Befreiungsarmee“ ( AKSh) der Albaner unter Kontrolle zu bringen. Und mit der Ablösung von Innenminister Ljubce Boskovski auf slawisch-mazedonischer Seite wird die Lage etwas entschärft.

Angesichts des Machtwechsels erwartet der Sprecher der Nato in Skopje, Craig Ratcliff, im Sicherheitsapparat des Landes noch „kritische Tage“, obwohl Regierungschef Ljubce Georgievski seine Niederlage schon eingestanden hat.

ERICH RATHFELDER

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