„Wir sagen: Das kann euch auch passieren“

Das African Woman Committee for Peace and Development kann Vorbild für einen Frauensicherheitsrat sein. Isha Dyfan ist Mitgründerin

taz: Frau Dyfan, was in Europa ziemlich utopisch klingt, gibt es in Afrika schon: eine Art Frauensicherheitsrat. Wie konnte das passieren?

Isha Dyfan: Das passierte, weil Afrika extrem viele Konflikte hat. Frauen sind natürlich immer beteiligt: auf der privaten Seite, nicht auf der öffentlichen. Nach den Genoziden in Ruanda und Burundi haben sie angefangen, sich auf der regionalen Ebene zu organisieren.

Die Männer haben ihnen sicherlich gesagt, dass auch sie keinen Krieg wollen und bereits alles Menschenmögliche für den Frieden tun. Wie haben sie sie davon überzeugt, dass Frauen eine eigenen Stimme brauchen?

Wir haben sie nicht überzeugt. Wir haben uns selbst eingemischt und gesagt, wir wollen eine Verhandlungslösung. Wir kamen aus Eigeninteresse, sozusagen mit einer Stakeholder-Perspektive: als Flüchtlinge, als Vergewaltigte, als Witwen. Ich saß als Anwältin friedlich in Sierra Leone, als der Konflikt in Liberia ausbrach. Aber dann kam er plötzlich vor meine Tür. Es gab vor meiner Tür Frauen, deren Männer Krieg führten und die flohen. In den Flüchtlingslagern ist die Gefahr groß, vergewaltigt zu werden, dann bekommt man vielleicht Aids und schlimmstenfalls vielleicht noch ein Kind, und das hat auch Aids. Das mobilisiert einen von ganz allein.

Wie kam es zu dem überregionalen „African Women Committee for Peace and Development“?

Wir gingen zu den Frauenorganisationen in Guinea und sagten: Seht mal, wir dachten, der Konflikt kommt nicht zu uns, aber plötzlich war er da. Das kann euch auch passieren. Sie wachten auf und fingen an, über Prävention nachzudenken. Dann gingen wir, aus allen drei Ländern, auf die damalige Organisation Afrikanischer Staaten (OAU) zu: Wir wollen nicht, dass der Konflikt nach Guinea kommt.

Aus der Bewegung ist eine Institution geworden, wie das?

Wir wollten auf die Institutionen Einfluss nehmen. Wir sind keine Präsidenten oder Minister, also musste etwas anderes her. Wir überlegten uns also dieses Kommittee: fünf Regierungsmitglieder, fünf NGO-Mitglieder, fünf „eminent women“, die sich mit friedenserhaltender Arbeit hervorgetan haben.

Aber was für eine Autorität haben die?

Sie haben einfach Einfluss. Als die Afrikanische Union (AU) sich im letzten Juli gründete, hat sie gleich die Konsultation dieses Kommitees in ihre Struktur eingearbeitet. Die AU unterstützt es auch finanziell. Das ist eigentlich ganz normal: Immerhin haben die Regierungen bei der Weltfrauenkonferenz in Peking versprochen, Frauen in ihre Entscheidungen einzubeziehen. Das Kommitee hat sie daran sehr wirksam erinnert.

Was tut das Komitee genau?

Sie gehen in Konfliktregionen und versuchen, den Konflikt zu verhindern. Sprechen mit allen Seiten, schlagen der AU Maßnahmen vor und so weiter. Sie werden zum Beispiel von den Außenministern angehört. Und dann schauen sie, was aus ihren Vorschlägen wird.

Und was wird daraus?

Im Gebiet der großen Seen unterstützt die Afrikanische Union jetzt die Friedensinitiativen von Frauen. Es gibt jetzt zum ersten Mal überhaupt Daten über Frauen in diesen Konflikten. Es gibt das Kommitee, das sie fragt, was sie brauchen, und die Afrikanische Union reagiert. INTERVIEW: HEIDE OESTREICH