Streit um den Schwarzen Kanal

Die Wagenburg Schwarzer Kanal, die Baufirma, die Gewerkschaft Ver.di und der Bezirk waren sich über den Umzug einig. Doch das Deutsche Architekturzentrum will die Ansiedlung verhindern, weil ihm die Nachbarn nicht passen

Der Umzug der Wagenburg Schwarzer Kanal sollte am Dienstag eigentlich mit einem friedlichen Kompromiss über die Bühne gehen. Ein Wiesenstück in der Köpenicker Straße, nur von einer Fabrikruine aus Backstein von der Spree getrennt, soll der Wagenburg für die nächsten zweieinhalb Jahre als Stellplatz dienen. Doch die Rechnung hatten die Beteiligten ohne die Nachbarn vom Deutschen Architekturzentrum (DAZ) gemacht.

Seit Dienstag blockieren die Architekten die Zufahrt zum Gelände. Sie wollen den Umzug verhindern, die Emotionen schlagen hoch. Dass das Kultur- und Wohnprojekt Schwarzer Kanal e. V. sein Gelände nach elf Jahren räumen muss, steht seit März dieses Jahres fest.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di wird dort eine neue Bundeszentrale bauen. Nach sechs Monaten waren die Verhandlungen zwischen der Wagenburg und der für den Bau verantwortlichen Alex Bau GmbH abgeschlossen. „Es gab ein Einvernehmen auf breiter Front“, sagt Jürgen Kilian, Projektentwickler der Baufirma. Die Nutzung wird für den Schwarzen Kanal kostenlos sein, die Baufirma hat eine Wasserleitung gelegt, die Zwischenlösung schien perfekt. Die Rollheimer, die Gewerkschaft, das Bauunternehmen und das Bezirksamt, alle konnten zufrieden sein.

Sehr unzufrieden mit dem Deal sind dagegen die Nachbarn vom DAZ. „Wir sind vor vollendete Tatsachen gestellt worden“, beschwert sich ein Sprecher des Bundes Deutscher Architekten, der zur Eigentümergemeinschaft des sanierten Fabrikgebäudes gehört. Tatsächlich prallen hier die Welten aufeinander. Auf der einen Seite die erfolgreichen Architekten, auf der anderen die architekturfeindliche Lebensform Wagenburg.

Doch hier ließen sich noch Brücken finden. „Vor zwei Wochen hatten die im DAZ noch eine Ausstellung über mobiles Wohnen. Jetzt haben sie eine Dauerausstellung vor Ort“, meint Nils Wollschläger vom Schwarzen Kanal.

Der Verwalter des Architektenhauses Sven Thomas spricht dagegen von „kollidierenden Investitionsinteressen“. Die Eigentümergemeinschaft, vor allem freie Architekten und Designer, fürchtet eine Wertminderung des Objekts. „Wir müssen die Befindlichkeiten von Mietinteressenten berücksichtigen“, meint Thomas und sieht erhebliche Nachteile im Konkurrenzkampf der Büroraumvermieter. Viele Büroräume sind noch nicht abbezahlt, die Eigentümer müssen Schulden tilgen und Zinsen zahlen, sie fürchten nun um ihre Existenz.

Ein Gespräch mit der Baufirma und den Eigentümern des DAZ verlief weitgehend ergebnislos. Weitere Gespräche sollen folgen. Einer möglichen rechtlichen Auseinandersetzung sieht Jürgen Kilian gelassen entgegen. Der Vertrag sei von Planungsrechtlern geprüft worden: „Ich muss niemanden fragen, wen ich auf mein Grundstück lasse.“ Währenddessen läuft der Umzug der Wagenburg über eine andere Zufahrt. Nils Wollschläger rechnet damit, dass der Umzug bis zum nächsten Mittwoch abgeschlossen ist. Damit würden erst mal Tatsachen geschaffen. Und vielleicht lernen die Architekten noch, was Jürgen Kilian im Laufe der Zeit erkannt hat: „Die Wagenburg ist keine Terroristenvereinigung, das ist eine sehr friedliche und angenehme Truppe.“

TILMAN GÜNTHER