„Fehler sind Diamanten“

Der Krankenhauspatient rückt in den Mittelpunkt: Die vier städtischen Kliniken machen erstmals Qualitätsberichte öffentlich. „Das war ein schwerer Schritt“

Die städtischen Kliniken haben ihren stärksten Gegner besiegt: die Gewohnheit. Sie hat als eingefahrener Handlungsablauf und festes Hierarchiedenken die Modernisierung der Krankenhäuser lange gelähmt, als vor zehn Jahren Pilotprojekte für Qualitätsmanagement aufgelegt wurden. Die sollten einerseits dem informierten Patienten bessere Behandlung bringen – und in weniger hierarchischen Teams zugleich die Zufriedenheit der Belegschaft steigern, indem die Arbeitsprozesse nahtlos aufeinander abgestimmt würden. „Das war viel Arbeit“, räumten Vertreter der vier städtischen Kliniken Ost, Links der Weser, Nord und Sankt-Jürgen-Straße gestern ein. Mittlerweile sehen sie sich in der bundesdeutschen Krankenhauslandschaft vorne. Die Qualitätsberichte ihrer Häuser kann jetzt jeder anfordern.

Grob gesagt heißt das: Wer wissen will, welches Risiko die Patientin im ZKH-Nord eingeht, ein Druckgeschwür vom Liegen zu bekommen, kann das abfragen. Ebenso legen die Häuser nun offen, wie lange es von der Einlieferung der Patientin bis zur ersten Rehabilitationsmaßnahme dauert. Aber aus den bis zu 60 Seiten starken Berichten ist auch abzulesen, wo die Kliniken noch besser werden wollen.

„Der Schritt an die Öffentlichkeit ist uns nicht leicht gefallen“, sagte gestern der Verwaltungsdirektor des ZKH Links der Weser, Peter Stremmel. Zwar sei die Konkurrenz der Kliniken durch klare Schwerpunkte der einzelnen Häuser überschaubar, doch dienten solche Berichte auch dazu, „das Haus nach außen zu verkaufen“. Heikel, wo doch nicht klar war, wie die jeweilige Klinik im Qualitätstest abschneiden würde, zu dem auch unabhängige Experten kamen. Doch ab 2005 werden die Kassen ohne Qualitätsnachweis kaum noch zahlen. Außerdem lohne Qualität sich auch betriebswirtschaftlich, wenn beispielsweise Patienten nicht mehr aufs Röntgen warten müssten – ein Problem von gestern, zu dem Stremmel sich heute offen bekennt. „Fehler sind Diamanten“, so die Verbesserer. „Erstens sind sie teuer, und zweitens kostbar, weil man aus ihnen lernen kann“, sagt Anette Weinert vom ZKH Nord. Dort geht man so weit, die Teamfähigkeit neben der fachlichen Kompetenz zum Einstellungskriterium zu machen. Wie sonst sollten Physiotherapeut und Arzt auch direkt am Krankenhausbett die Behandlung verabreden? ede