Tödliche Unterlagen

Deutschland will den USA im Fall Moussaoui nicht weiterhelfen, denn die schließen die Todesstrafe nicht aus

FREIBURG taz ■ Bei der Ablehnung der Todesstrafe gibt es keinen Anti-Terror-Rabatt. Dies stellte Justizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) am Wochenende klar. Beweismittel gegen den in den USA angeklagten vermeintlichen WTC-Mitattentäter Zacarias Moussauoi werden von der Bundesregierung deshalb nicht an die USA übergeben.

Der 33-jährige Franco-Marokkaner Zacarias Moussaoui war vermutlich als zwanzigster Täter für die Anschläge am 11. September vorgesehen. Doch die US-Behörden nahmen ihn bereits am 17. August fest, weil sein Verhalten in einer Flugschule in Minnesota Verdacht erregte. Er wollte lernen, wie man eine Boeing 747 steuert, nicht aber wie man startet und landet. Zunächst saß er wegen Verletzung der Einwanderungsbestimmungen in Haft, inzwischen droht ihm die Todesstrafe wegen „gemeinschaftlicher Verschwörung“, die zum Tod von tausenden Menschen führte.

Aus Unterlagen, die in Deutschland gefunden wurden, soll hervorgehen, dass Moussaoui Kontakt zur Hamburger Gruppe um den Todespiloten Mohammed Atta hatte. Diese soll ihm Geld für die Pilotenausbildung überwiesen haben. Schon im Februar baten die US-Behörden deshalb um deutsche Rechtshilfe. Doch die Bundesregierung blockt immer noch ab.

Den USA müsse klar sein, „dass unsere Dokumente nicht für ein Todesurteil oder für eine Exekution verwendet werden dürfen“, betonte Däubler-Gmelin im Spiegel. Die Bundesregierung fordert von den USA eine Zusicherung, dass gegen Moussaoui keine Todesstrafe verhängt werde. Dies lehnen die US-Behörden bisher ab. Seit Monaten schon verhandeln deutsche und amerikanische Beamte ohne Ergebnis. Nach Angaben Däubler-Gmelins ist es bisher noch nicht zu Gesprächen auf Regierungsebene gekommen. Die Ministerin will aber auf jeden Fall hart bleiben und beruft sich auf die „bisher praktizierte“ Form der Rechtshilfe zwischen Deutschland und den USA. „Man sollte nicht versuchen, das nach dem 11. September aufzuweichen.“ Deutschland steht hier auch nicht allein, vielmehr gewähren auch andere europäische Staaten den Vereinigten Staaten nur dann Rechtshilfe, wenn die USA im konkreten Fall auf die Todesstrafe verzichten.

Den Inhalt der benötigten Unterlagen kennen die US-Behörden allerdings schon lange. US-Ermittlerteams, die nach dem 11. September in Deutschland tätig waren, haben damals bereits Kopien mitgenommen. Für den US-Prozess sind jedoch Originaldokumente erforderlich.

CHRISTIAN RATH