ein knuddelschwein von FANNY MÜLLER
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In der vergangenen Woche tat es am Nachmittag einen plötzlichen Knall vor meinem Gartenfenster, gleich darauf hörte man eine Art Jaulen. Dann bellte es wie verrückt. So, so, dachte ich, jetzt hat das Heteropack aus dem Dritten endgültig den Stammhalter aus dem Fenster geschmissen, das wurde ja auch mal Zeit bzw. das ist ja wirklich nicht schön.

Ich hoffe jedenfalls, dass ich das gedacht habe. Es stimmte aber nicht, denn mit einem Blick aus dem Fenster stellte ich fest, dass es der Kater von Sönke aus dem vierten Stock war, der jetzt ziemlich platt auf Martinas Gartentisch neben dem Birnbaum lag und jammerte, was das Zeug hielt. Er hatte auf dem Balkongeländer balanciert, das vom Regen noch glitschig war, und subito den Abgang nach unten gemacht. Um den Tisch herum tobte Timber, Martinas französischer Schäferhund, und bellte, als kriegte er dafür bezahlt.

Soviel ich weiß, hat die Angelegenheit Sönke 400 Mark gekostet und den Kater zwei Drittel seiner primären Geschlechtsmerkmale, denn der Tierarzt hatte diese nach der Bandagierung der Rippen „in einem Aufwasch“, wie er sich ausgedrückt haben soll, gleich mit entfernt.

All das Gebelle und Gemaunze, das Spezialfutter und die teuren Arztrechnungen kann man sich aber jetzt ersparen, wenn man sich ein ganz anderes Haustier anschafft: Ein Knuddelschwein. Jaha! Das gibt es! Superneu! Es handelt sich um eine kleingezüchtete Hängebauchschweinsorte „zum Liebhaben“, welche leise, stubenrein, allesfressend (also wie Sie und ich) und superintelligent ist. Wobei ich keinen großen Wert auf Intelligenz lege, ehrlich gesagt. Mein Bonsai-Ferkel hat womöglich einen höheren IQ als ich? Das ist doch kein schöner Gedanke. Den wir übrigens im Freundeskreis bei einer guten Flasche Wein auch schon mal weitergesponnen haben: „Stell dir vor, deine Frau brennt mit einem Schwein durch …“

Dennoch hat solch ein Knuddel immer noch viele Vorteile. Sie können es passend zum Sofa bestellen, denn es ist in den Farben Braun, Beige, Schwarz und Dalmatiner lieferbar. Zudem dürfen Sie Ihre Verwandten mit Katzen- und Hundehaarallergien wieder einladen, denn von Schweine-Allergikern habe ich noch nie etwas gehört. Zudem müssen Sie nichts extra einkaufen, denn es frisst das, was auch Ihnen und mir schmeckt. Obwohl mir die Vorstellung, unseren neuen Hausschatz an einem Kotelettknochen nagen zu sehen, ein wenig unangenehm ist.

Und wenn dem Süßen einmal etwas noch Schlimmeres passieren sollte als Sönkes Kater, also auch im potenziellen Trauerfall, gibt es kein großes Hin und Her mit dem Tierarzt und behördlichen Genehmigungen von wegen im eigenen Garten begraben und so weiter, sondern die Sache wird sauber und appetitlich gelöst: Ein wenig Salz, Pfeffer und Salbei nach Geschmack, auch ein Apfel und ein bisschen Petersilie darf dabei sein, und dann den Ofen auf 250 Grad vorheizen. Kinder haben manchmal etwas eigenartige Ideen in Bezug auf ihre Lieblinge. Denen können Sie ja sagen, es sei gefüllter Hund.