UNION SAGT NEIN ZUM IRAKKRIEG – EINE ÜBERRASCHUNG FÜR SCHÄUBLE
: Stoiber auf Joschka-Kurs

Jede klare Aussage, zu der sich CDU und CSU durchringen, ist ein Gewinn. Besonders oft ist das bisher schließlich nicht passiert. Nächste Woche wird Klartext geredet, versprachen darum Edmund Stoiber und Angela Merkel. In einem Sofortprogramm soll das Land erfahren, was es von einer unionsgeführten Regierung erwarten kann. Da ist es besonders peinlich, dass die Herausforderer ihren ersten Schritt nicht nach vorne machen, sondern in den Schatten der jetzigen Bundesregierung zurücktreten: Reichlich überraschend hat der Kanzlerkandidat seine Mannschaft beim Thema Irak auf Kurs gebracht – es ist der Kurs von Gerhard Schröder und Joschka Fischer.

Von Führungsstärke zeugt es nicht, dass Stoiber für diese Wende seinen Berliner Statthalter Michael Glos nach vorne schickt: Glos muss einen möglichen Angriff auf den Irak jetzt als „Abenteuer“ schelten, als hätte sein Chef dem Bundeskanzler nicht genau das zum Vorwurf gemacht. Der Kanzlerkandidat selbst bleibt, wo er sich am wohlsten fühlt: in der Deckung. Die Korrektur des außenpolitischen Kurses der Union ist besonders bitter für Wolfgang Schäuble. Zum zweiten Mal muss der Außenminister des Kompetenzteams erleben, dass seine Kompetenz nicht gefragt ist: Zunächst hatte er kategorisch für einen deutschen Beitrag an der Seite der USA geworben, dann hatte er sich auf den wahltaktisch motivierten Rückzug festlegen lassen, zum Thema Irak müsse man derzeit schweigen. Jetzt gilt auf einmal das kategorische Nein von Rot-Grün auch für die Union.

Mit der Formel vom „deutschen Weg“ ist dem Instinktpolitiker Schröder nun ein erster Erfolg gelungen – so starke Bauchschmerzen der nationale Unterton auch im rot-grünen Lager verursacht haben mag. Im Interesse der Verhinderung eines Irakkriegs bleibt zu hoffen, dass die Union sich mit ihrem Nein nicht nur den Meinungsumfragen gebeugt hat, sondern auch der besseren Einsicht. Sonst steht zu befürchten, dass Stoiber und Merkel nach dem 22. September durch das Hintertürchen schlüpfen, das Michael Glos sicherheitshalber offen gelassen hat: Das Nein zur deutschen Beteiligung gilt „nach derzeitigem Kenntnisstand“.

PATRIK SCHWARZ