vorlauf
: Familiensache

„Chronik eines angekündigten Krieges“ (23.00 Uhr, ARD)

Die Fehde ist eine alte Herzensangelegenheit von Familie Bush: Präsident George (mit und ohne W) gegen Saddam, den Titanen vom Tigris. Was Daddy nicht vollendet hat, soll nun der Sohn für immer richten – Hussein muss weg. Damals hatte Bush senior noch auf Colin Powell gehört und vor den Toren Bagdads Halt gemacht, weil mit 10.000 toten GIs keine Wahl zu gewinnen ist. Nicht nach dem Desaster in Vietnam.

Wenn seitdem auch elf Jahre vergangen sind, war für Amerika eines immer sicher: Bagdad wird fallen. Die Europäer haben das nie wirklich verstanden. Obwohl Antiamerikanismus seit Bush junior wieder groß in Mode ist, versucht die „Chronik eines angekündigten Krieges“ dank der Zusammenarbeit von Deutschen und Amerikanern zu zeigen, wie unausweichlich der Sturz Saddams nach dem Selbstverständnis der USA ist: Ein Diktator tanzt der ältesten Demokratie der Welt auf der Nase herum. Hussein weiß das genau und nutzt seit elf Jahren geschickt Aktion und Reaktion, um Uncle Sam zum Angriff zu provozieren. Der Unterstützung durch die arabische Welt kann er sich im „Krieg der Kriege“ wohl sicher sein. Als das Weiße Haus schließlich wieder von Familie Bush bezogen wurde, standen die „Falken“ schon vor der Tür und der verdeckte Konkurrenzkampf mit den gemäßigten Republikanern begann von Neuem. Diesmal wurde Powell ruhig gestellt und musste gegen seinen Willen gegen die „Achse des Bösen“ mobilmachen. Hätte er sich geweigert, wäre er heute kein Außenminister mehr. Glücklicherweise sucht der Film auch abseits des Katz- und-Maus-Spiels zweier Weltanschauungen nach rationaleren Gründen für eine Invasion des Irak. Und tatsächlich drängt die Zeit: UNO-Waffeninspekteure, übrigens größtenteils aus Europa, berichten von Saddams Biowaffen: Anthrax, Pest, Kamelpocken. Die Viren setzt er ein – gegen das eigene Volk.

Weil auch kaum Chancen auf eine „volkseigene“ Allianz wie in Afghanistan bestehen, wird klar, dass Amerika bald zuschlägt. Nicht zuletzt, weil auch Bush jr. Ende 2004 wiedergewählt werden will. So ein Krieg kann dauern. Er hat schließlich das Selbstbewusstsein einer Weltmacht zu bedienen – und einen Vater zu rächen. LIX