Staatsgründer wird wieder Premier

In Papua-Neuguinea wird der erste Premierminister nach der Unabhängigkeit vor 27 Jahren als „Retter“ zurückgeholt

MELBOURNE taz ■ Nach den längsten und chaotischsten Wahlen in der Geschichte Papua-Neuguineas, bei denen 30 Menschen starben, gehen die fünf Millionen Bewohner des südpazifischen Inselstaats jetzt 27 Jahre zurück, um den Grundstein für einer bessere Zukunft zu legen. In dem stark gesicherten Parlamentsgebäude in der Hauptstadt Port Moresby wählten die Abgeordneten gestern mit 88 zu null Stimmen den 66-jährigen Michael Somare zum Premierminister. Somare, der im Volksmund immer noch respektvoll „Chief“ genannt wird, war bereits vor 27 Jahren der erste Premier des Landes nach Erlangung der Unabhängigkeit von Australien. Unter der Regierung von Somare, der noch heute als „Vater der Nation“ gilt, entstanden in Papua-Neuguineas stabiler Anfangszeit ein demokratisches System und eine eigene Verwaltung. Der frühere Lehrer führte das Land von 1975 bis 1980 und erneut von 82 bis 85.

Dass Somare jetzt wieder an der Spitze steht, gilt in dem von Schulden und Korruption gelähmten Staat als Hoffnungsschimmer. Seine Allianz-Partei hat zwar nur 19 Abgeordnete, konnte aber mit zahlreichen kleineren Parteien eine Koalition bilden, die sich auf mindestens 60 Abgeordnete in dem Parlament mit 109 Sitzen stützt.

Der bisherige Premier Mekere Morauta, der noch kürzlich seine Wiederwahl vorausgesagt hatte, nahm am Wochenende seinen Hut. Die meisten seiner Minister verloren ihr Parlamentsmandat. Die Fraktion seines „People's Democratic Movement“ schrumpfte von 39 auf acht Abgeordnete. Sie boykottierten die gestrige Wahl des neuen Premiers.

Überraschend wurde ein weiterer Expremier, der umstrittene Bill Skate, zum neuen Parlamentssprecher gekürt. Dabei ist das Parlament noch nicht komplett: In sechs Wahlkreisen, vor allem im südlichen Hochland, muss neu gewählt werden, weil wegen Gewalttätigkeiten und Unregelmäßigkeiten dort keine Sieger ermittelt werden konnten. Die größte Herausforderung für Somare sind Wirtschaftsreformen und ein drastischer Sparkurs. Australien ist weiterhin neben der Weltbank der größte Geldgeber. BORIS B. BEHRSING