„ ‚Bild‘ und Lufthansa sind nicht zu belangen“

Dem Bund der Steuerzahler könnte dagegen ein Bußgeld von bis zu 250.000 Euro drohen, sagt Datenschützer Thilo Weichert

taz: Herr Weichert, der Bund der Steuerzahler steht im Verdacht, dass er an die Bild -Zeitung die Namen der Abgeordneten weitergegeben hat, die mit Dienstmeilen privat geflogen sind. Darf er das?

Thilo Weichert: Der Bund der Steuerzahler muss sich zunächst die Frage gefallen lassen, woher er die Informationen hat und ob sie illegal beschafft wurden. Bisher spricht viel dafür, dass diese Liste unter Verletzung der Datenschutzbestimmungen besorgt wurde.

Welche Konsequenzen drohen dem Bund der Steuerzahler?

Wer sich widerrechtlich personengebundene Daten beschafft – und das ist im konkreten Fall nicht auszuschließen –, der begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 250.000 Euro geahndet werden kann. Dafür muss aber erst einmal geklärt werden, wer sich von wem diese Daten beschafft hat. Sollte außerdem eine Schädigungsabsicht vorgelegen haben, dann wäre das eine Straftat, auf die bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe stehen. Der Bund der Steuerzahler kann sich allenfalls auf sein allgemeines Informationsrecht berufen.

Auch die Bild -Zeitung besitzt diese Liste. Muss sie sich ebenfalls fürchten?

Im Grunde ja. Allerdings ist der große Unterschied, dass sich die Bild-Zeitung auf ihr Rechercheprivileg berufen kann. Sie hat Anspruch auf die im Grundgesetz besonders geschützte Meinungs- und Pressefreiheit. Solange sich die Zeitung besagte Liste nicht selbst beschafft hat, sondern sie ihr zugespielt worden ist, ist sie nicht zu belangen. Das ist in diesem Fall eine schwierige Abwägung zwischen den Persönlichkeitsrechten der Betroffenen und dem Informationsanspruch der Öffentlichkeit.

War es rechtens, dass der Bundestagspräsident von der Lufthansa die Herausgabe aller Daten gefordert hat?

Darum bitten konnte er auf jeden Fall. Ob er einen rechtlichen Anspruch darauf hat, ist eine andere Frage. Grundsätzlich halte ich es für richtig, dass die Lufthansa den Forderungen nicht einfach nachgegeben hat – auch wenn das Datenschutzgesetz hier nicht so eindeutig ist, wie Lufthansa behauptet. Gleichzeitig ist das Argument der Lufthansa respektheischend. Ich hoffe, dass sie ähnlich fürsorglich mit ihren Kundendaten umgeht, wenn beispielsweise die US-Regierung generell Daten von Flugreisenden zur angeblichen Terrorbekämpfung verlangt.

Wer könnte als möglicher Geschädigter Klage gegen den Bund der Steuerzahler einreichen?

Natürlich die Abgeordneten, die dadurch öffentlich an den Pranger gestellt worden sind. Antragsberechtigt ist aber auch der Bundesdatenschutzbeauftragte. Ob der das allerdings macht, ist auch eine politische Abwägung.

Kann Lufthansa belangt werden?

Bislang ist ja noch nicht klar, wie die Daten an die Öffentlichkeit kamen. Sollte die Quelle tatsächlich ein Mitarbeiter der Lufthansa sein, muss man überprüfen, ob den Konzern eine Mitschuld trifft. Wenn er die üblichen Sicherheitsvorkehrungen vorweisen kann, ist eine direkte Haftbarmachung nicht möglich.

INTERVIEW: SUSANNE AMANN