Atomstadt wird keine Solarstadt

MVV gibt Pläne für Solarfabrik in Obrigheim und an alternativen Plätzen im Osten überraschend auf – zu teuer

FREIBURG taz ■ Die Mannheimer MVV Energie AG hat ihre Pläne, am Atomstandort Obrigheim eine Solarfabrik zu bauen, vorerst aufgegeben. Obwohl „Land und Bund sämtliche Fördermöglichkeiten ausgeschöpft“ hätten, so MVV-Vorstandssprecher Roland Hartung, habe die Förderung „ein tragfähiges Finanzierungskonzept für Bau und Betrieb nicht zugelassen“.

Ursache für diese Entscheidung seien zu hohe Lohnkosten, ließ die MVV durchblicken. Die Fertigung von Dünnschichtzellen, wie sie der Mannheimer Versorger geplant hatte, ist bislang noch sehr personalintensiv. „Das wird sich vielleicht in den kommenden Jahren ändern“, hofft Unternehmenssprecher Roland Kress. Schließlich sei die Technologie „jung und hat viel Entwicklungspotenzial“.

Die Enttäuschung bei den Gemeinden der Region Obrigheim ist groß: „Die Absage kam für uns völlig überraschend“, sagt Gerhard Lauth, Oberbürgermeister im benachbarten Mosbach und Verbandsvorsitzender des Technologieparks Neckar-Odenwald. „Wir hatten gute Förderzusagen und die Unterstützung von Spitzenpolitikern.“

Jetzt hofft Lauth, dass die Zusagen auch dann noch Bestand haben werden, wenn zu einem späteren Zeitpunkt entweder die MVV oder auch ein anderes Unternehmen einen neuen Anlauf am ältesten Atomstandort Deutschlands nimmt: „Der Standort ist hervorragend, und die erneuerbaren Energien sind ein großes Thema – deshalb bleiben wir am Ball.“

Auch aus Sicht der MVV bot sich der Raum Obrigheim wie kein zweiter in Deutschland an. Der dortige Technologiepark zeige hohe Qualität mit gut ausgebildetem Fachpersonal. Und auch die Nähe zum Firmensitz Mannheim wäre günstig gewesen. Daher hatte die MVV auch nie Zweifel daran gelassen, dass sie diesen Standort gegenüber Möglichkeiten in Ostdeutschland vorziehen würde. Aber auch im Osten fand sich für die Solarfabrik derzeit keine wirtschaftliche Perspektive.

Während nun also bei der Mutterfirma MVV die Pläne für eine eigene Solarzellen-Fertigung auf Eis liegen, expandiert eine Tochter der MVV in eben dieser Branche weiter. Die EPV (Energy Photovoltaics, Inc.) in Princeton, New Jersey, an der die MVV mit 23,5 Prozent beteiligt ist, produziert bereits in den USA und in Ungarn amorphe Silizium-Dünnschicht-Photovoltaikmodule. Demnächst werden weitere Fertigungen in Griechenland und China hinzukommen. So betont die MVV dann auch, dass der einstweilige Rückzug aus Obrigheim nicht am fehlenden Absatzmarkt gelegen habe, sondern einzig und allein an den hohen Fertigungskosten in Deutschland – schließlich geht das Unternehmen von einer weiter „steigenden Nachfrage auf dem deutschen, dem europäischen und dem Weltmarkt“ aus.

BERNWARD JANZING