PEREJILKONFLIKT: PROBLEM NICHT GELÖST, ABER VOM TISCH
: Beschleunigte Schlichtung

Unter dem Druck der USA haben Marokko und Spanien ihren Streit um die Perejilinsel beigelegt und die Rückkehr zum Zustand vor dem 11. Juli beschlossen. Damit erhält das Eiland einen äußerst begrüßenswerten Status, den es nun etwa mit der Antarktis teilt: durch internationale Übereinkunft entmilitarisiert zu sein. Aus Verlauf und Lösung der Krise sind drei Lektionen zu lernen.

Erstens, das zeigen die nationalen Aufwallungen auf beiden Seiten der Straße von Gibraltar, sind Territorialfragen immer noch quasi absolute Fragen. Sie zielen unmittelbar auf den Bestand des Staates und der Herrschaft, in Demokratien auf die Souveränität des Volkes, und rechtfertigen daher Maßnahmen, die ökonomisch oder außenpolitisch unverständlich sind.

Zweitens: Das Argument, Perejil und die spanischen Besitzungen Ceuta und Melilla gehörten eigentlich und sowieso zu Marokko, weil sie an der marokkanischen Küste liegen, stellt die „Richtigkeit“ fast jedes Grenzverlaufs in Frage. Die Grenzen eines Staates werden durch Geschichte, Verträge oder Krieg festgelegt, nicht aber von der Natur bestimmt. Die geografische Begründung tauchte erstmals in der Französischen Revolution auf. Sie rechtfertigte damals den Vormarsch bis zum Rhein als „natürlicher Grenze Frankreichs“ – und war damit selbst ein Kriegsgrund.

Die dritte Lektion gilt internationalen Schlichtungsverfahren. Wer – wie Marokko – Fakten schafft, hat bei Verhandlungen die Zeit auf seiner Seite, denn die Diplomatie ist anfällig für jede Art von Obstruktion. Das ist besonders gut an der unrechtmäßigen Besetzung der Westsahara zu erkennen: Hier hat Marokko über Jahrzehnte jede Lösung im UN-Rahmen blockiert. Die Lösung des Perejilkonflikts ist insofern „schmutzig“, als beide Seiten keinen offiziellen Konfliktlösungsmechanismus anwenden wollten. Dafür ist das Problem, wenn nicht gelöst, so doch vom Tisch. Nur wenn Konflikte künftig viel schneller gelöst werden können als bisher, wird das Verfahren Spaniens, militärisch den vorherigen Stand wiederherzustellen, nicht um sich greifen. DIETMAR BARTZ