Das Straßenbild

Die Reklamerezension. Heute: Tschö Post!

Die Werbeleute hatten bei der Gestaltung dieses Plakats wohl nicht ihren kreativsten Tag. Ein schwarzer Balken prangt in der Mitte, einige rote Farbtupfer verlieren sich in der Fläche. Aber es kommt wohl auch mehr auf den Text an. Der allerdings macht das Layout vergessen. Tolle Formulierungen, die Lust machen, endlich mal wieder einen Brief zu schreiben: „Tschö WM!“ „Hallo Liebling!“ Soll heißen, wenn das eine geht, kommt eben was anderes. Ein jegliches hat seine Zeit, wusste schon die Bibel (Salomo 3, 1–8). Nach der Fußballweltmeisterschaft widmen wir uns wieder dem Zweitliebsten: unserem Liebling. Dachte sich die Post. Und tun nebenbei noch was für Deutschland, wenn wir nämlich die ordentlich frankierten Briefe in den Briefkasten einwerfen.

Der große Wurf aber ist erst einmal dem Texter bei der Anrede gelungen: „Lieber Hase!“ Alle Hasen und alle, die noch Hase werden wollen, fühlen sich da sofort angesprochen. Und all diejenigen, die Hasen hassen, ärgern sich und sind auch angesprochen. Ein wunderbarer Schachzug. Nur die Schrift sollte etwas größer sein. Dann könnten auch sehschwache und eilige Zeitgenossen diese Worte sofort lesen. In dem kleinen Kasten links (leider auch nicht gut lesbar) werden wir aufgefordert, selbst einen Hasenbrief zu schreiben. Vermutlich nicht nur einen, sondern viele Hasenbriefe. Wenn wir in Sachen Gefühl Weltmeister werden wollen, müssen wir mehr als ein Spiel für uns entscheiden. Bei allem Respekt, auch der Brief von „Deinem Lutz“ ist noch nicht weltmeisterlich. Aber aller Anfang ist schwer. Und wie drückte es Sportreporter Werner Hansch so treffend aus: „Was Sie hier sehen, ist möglicherweise die Antizipierung für das, was später kommt.“ ANGELIKA FRIEDL