DIE STUDIE PISA VERKOMMT ZUM PR-GAG FÜR LANGWEILIGE MELDUNGEN
: Trittbrettfahrer eines Skandals

Neulich hatte die Bundesvorsitzende der Elternsprecherinnen eine lästige Pflicht. Sie sollte den Hauptstadtjournalisten in einer Pressekonferenz mitteilen, dass Schullandfahrten pädagogisch eine tolle Sache sind. Und weil sie ahnte, dass sich niemand für Klassenfahrten in die Fränkische Schweiz oder Pennäler-Skifahrten nach Cavalese interessieren würde, wandte die gewiefte Lobbyistin von Papis und Mamis einen einfachen Trick an: Sie schrieb „Pisa“ in die Einladung – und schon war ihr Aufmerksamkeit gesichert.

Wer erwartet hätte, dass die Camouflage der Langeweile mit dem Skandalkürzel Pisa ein bedauerlicher Einzelfall bleiben würde, sieht sich getäuscht. Kein Tag vergeht, ohne dass ein Bildungspolitiker nichts sagende Erklärungen mittels der Chiffre Pisa zu einer Tickermeldung veredelt. Inzwischen gehen sogar seriöse Wissenschaftler dazu über, Plattitüden Pisa- und damit öffentlichkeitstauglich zu machen. Die Bertelsmann-Stiftung zum Beispiel hat eine seit Jahren publizierte Hochschulrangliste mit einer „Sonderveröffentlichung“ spannender gemacht, als sie eigentlich ist. Die Spitzenplätze, die einzelne Hochschulen bei einer Befragung erzielten, wurden kurzerhand in Extra-Tabellen nach Bundesländern zusammengefasst – schon hatte man den angeblich „ersten Bundesländervergleich der Hochschulen“. Und Medienresonanz für eine Nullbotschaft.

Die Bertelsmann-Stiftung und ihr „Centrum für Hochschulentwicklung“ sind aber nicht nur schlitzohrige Trittbrettfahrer, leider. Denn sie entwerten die Idee der vergleichenden Bildungsforschung. Deren Idee ist es, durch den Vergleich einen Wettbewerb um die besten Schulen, Seminare und Lernformen entstehen zu lassen. Das Ranking soll dabei nur Mittel zum Zweck sein. Das Wichtige ist die Öffnung der Bildung für die empirische Forschung, denn wir müssen endlich mehr wissen über das, was in den Schulen und Unis pädagogisch richtig oder falsch läuft. Die Bertelsmänner aber ersparen sich Hintergrundinformationen – und publizieren gleich nur Ranglisten. Sie erklären das Mittel zum Zweck. CHRISTIAN FÜLLER