Der Verdünnungsfaktor Schwein

MPA ist das eine der beiden gefundenen Hormone. Die bisher nachgewiesenen Werte in Nahrungsmitteln gelten als unbedenklich

BERLIN taz/afp ■ Medroxy-Progesteron-Azetat, kurz MPA, wurde bisher nur in den Niederlanden in Futtermitteln, Schweinefleisch und Glukosesirup gefunden. Doch wurden Futter und Schweine in deutsche Mastbetriebe geliefert, belastetes Schweinefleisch schon verzehrt. „Die bisherigen Nachweise von MPA waren allesamt in nicht gesundheitsgefährdenden Dosierungen“, sagt Irene Lukassowitz, die Sprecherin des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz (BgVV). Der „Verdünnungsfaktor Schwein“ bewirkt laut BgVV, dass ein täglicher Konsum von einem halben Kilo belastetem Fleisch unbedenklich ist. Bei belasteter Limonade bedarf es zwei Liter pro Tag, um den ADI-Wert (Acceptable Daily Intake) von 18 Mikrogramm zu erreichen. Was sich innerhalb dieses Wertes bewegt, gilt als gesundheitlich ungefährlich. Erst wenn der Wert mindestens zwei Wochen lang deutlich überschritten wird, entwickelt das Hormon seine Wirkung. Bei Frauen könnten Zyklusstörungen und Blutungen das Resultat sein. MPA baut sich im Körper schnell ab, nur einen Tag nicht eingenommen, verliert es an Wirkung.

In einigen EU-Ländern darf das Hormon bei Schafen zur Steuerung des Sexualzyklus eingesetzt werden, in deutschen Ställen ist es verboten. MPA gehört zur Klasse der Gestagene, das sind Sexualhormone, die die Einnistung und Entwicklung von Embryos in die Gebärmutter kontrollieren. MPA unterdrückt den Sexualzyklus. Bei synthetischen Stoffen wie MPA ist diese Wirkung stärker ausgeprägt als bei natürlichen Hormonen.

In der Humanmedizin wird das Hormon zur Therapie bei Brustkrebs und Krebs der Gebärmutterschleimhaut eingesetzt. Zudem ist es in Dreimonatsspritzen zur Empfängnisverhütung und in Kombinationspräparaten zur Behandlung von Frauen nach den Wechseljahren enthalten.

Während das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin sowie Gesundheitsexperten eine akute Gefährdung verneinen, rät die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, den Genuss von Fleisch und Limonade vorsorglich einzuschränken. Nach Meinung der Verbraucherschützer gibt es über die Wirkungsweise von MPA und dessen Konzentration in Lebensmitteln keine gesicherten Erkenntnisse. SIMON JÄGGI