EU schützt mehr Ehen

Europäischer Gerichtshof drängt nationales Ausländerrecht zugunsten von EU-Recht zurück

FREIBURG taz ■ Die EU schützt das Familienleben von grenzüberschreitend tätigen EU-Bürgern. Dies entschied gestern der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Er erweiterte damit den Anwendungsbereich der relativ großzügigen EU-Regelungen zur Familienzusammenführung und drängte nationales Ausländerrecht zurück.

Konkret ging es um den Fall des Engländers Peter Carpenter und seiner philippinischen Ehefrau Mary. Die englischen Behörden wollten Frau Carpenter ausweisen, weil sie vor der Heirat mit einem Touristenvisum eingereist war und nicht wie vorgesehen nach sechs Monaten das Land wieder verließ. Der EuGH entschied nun, dass dieser Fall nach EU-Recht zu beurteilen ist, weil Herr Carpenter europaweit in der Werbebranche tätig ist.

Bisher galt das EU-Recht zur Familienzusammenführung nur, wenn ein EU-Bürger dauerhaft in einem anderen EU-Mitgliedstaat als Arbeitnehmer tätig ist. Jetzt erweiterte der EuGH den Fall auf die Ausübung grenzüberschreitender Dienstleistungen. Carpenter sei in der Ausübung seiner Dienstleistungsfreiheit behindert, wenn er nicht mit seiner Ehefrau zusammenleben könne. Unter Anwendung von EU-Recht befand das Gericht nun die Ausweisung von Mary Carpenter als unzulässig. Es widerspreche der „Achtung des Familienlebens“, wenn ein Ehegatte, der keine Scheinehe führe und straffrei lebe, wegen eines Verstoßes gegen die britischen Einwanderungsgesetze ausgewiesen werde (Az: C-60/00). CHRISTIAN RATH