Traumfabrik nachts

Filmmusik und Familienkonzert: Die Philharmoniker spielen Open Air im Hof des Museums der Arbeit

Mancherorts wird vermutet, der frühe Stummfilm sei auch deshalb musikalisch begleitet worden, weil das Surren der tonlosen Bilder unerträgliches Unbehagen beim Publikum ausgelöst habe. Das Klavier improvisierte, dann spielte die klangfarbenreiche Kinoorgel auf, später schließlich übernahm das Orchester. Die Stereotypen waren schnell gefunden, reagierten musikalisch auf die Stereotypen der Filmszenen: Das küssende Paar bekam die Mondscheinsonate, die Vermählung dann den Hochzeitsmarsch; die Musik illustrierte die Bilder der Traumfabrik nahezu ausnahmslos mit spätromantischer Gefühligkeit.

Und auch wenn die musikalische Moderne nachholte, von Eislers Dissonanzen zu Kuhle Wampe über den geklauten Ligeti bei 2001 – Odyssee im Weltraum bis zum esoterischen Minimalismus Philip Glass‘ in Koyaanisqatsi: Die großen Soundtracks – oder vielmehr: die Soundtracks zu den großen Filmproduktionen? – schöpfen bis heute aus der Tonsprache des 19. Jahrhunderts.

Solche bisweilen entrückten Klänge gibt es jetzt in der „Sommernacht der Filmmusik“ zu hören: am Sonnabend dirigiert Ingo Metzmacher das Philharmonische Staatsorchester im Hof des Museums der Arbeit. Auf dem Programm stehen Klassiker der Filmmusik, von Vom Winde verweht, Quo Vadis und Casablanca bis zu Der Pate oder Krieg der Sterne (mit der Sopranistin Ute Gfrerer). Das sind Werke der Komponisten Max Steiner, Miklós Rószsa, Nino Rota und – inzwischen vielleicht der bekannteste Vertreter seines Faches – John Williams.

Und nicht umsonst klingt da vieles nach den Kompositionen Gustav Mahlers, Richard Wagners und vor allem denen von Anton Bruckner. Die Kinobilder scheinen – spätestens im Rückblick – längst vor tatsächlicher Erfindung des Films in dieser Musik angelegt gewesen zu sein, in den Leitmotiven und den großen Themen: Auch ohne Kinoleinwand erzählt diese Musik Geschichte(n).

Am Sonntagvormittag dann gibt es, nicht nur für das jüngere Publikum, mit Christoph Bantzer als Sprecher ein Familienkonzert. Gegeben wird hier unter anderem Musik aus Gullivers Reisen und Mission Impossible.

Roger Behrens

„Sommernacht der Filmmusik“: Sonnabend, 20 Uhr; „Familienkonzert“: Sonntag, 11.00 Uhr, Hof des Museums der Arbeit