Arbeitnehmer in Recycling-Schleife

Bei den landeseigenen Arbeit- und Jugendwerkstätten tobt ein heftiger Streit zwischen Betriebsrat und Leitung um den Umbau des Unternehmens.Arbeitnehmer erstreiten Zwangsgeld gegen den Geschäftsführer

Eine höchst pikante Angelegenheit: Obwohl das Arbeitsgericht einer ehemaligen Angestellten der landeseigenen Arbeit- und Jugendwerkstätten (AJB) Recht gab, die ihre Wiedereinstellung verlangt, kommt der Geschäftsführer der AJB, Ludwig Mohrmann, dem nicht nach. Jetzt droht dem Geschäftsführer ein Zwangsgeld von 2.500 Euro beziehungsweise „Zwangshaft in Höhe von fünf Tagen“. Im Aufsichtsrat des größten und staatsnächsten aller Bremer Beschäftigungsträger sitzen Abteilungsleiter diverser Ressorts, Vorsitzender des Aufsichtsrates ist der Abteilungsleiter im Arbeitsressort Peter Härtl.

Im konkreten Fall geht es um Ulrike Sch. Über Jahre hinweg hat die Diplom-Designerin die Möbelhalle des Recyclinghofes Hemelingen gemanagt. Dort werden gebrauchte Möbel von öffentlich geförderten Arbeitnehmern aufgearbeitet und in Kooperation mit dem Amt für Soziale Dienste an Bedürftige vergeben. Die Geschäftsleitung der Arbeit- und Jugendwerkstätten, unter deren Dach neben Ausbildungs-Werkstätten mehrere Bremer Recyclinghöfe und Reinigungsdienstleister (Quartiersservice) zusammengefasst sind, plant nun die Zusammenlegung mit einer anderen Möbelhalle, um Personalkosten einzusparen. Ulrike Sch.‘s bis zum 31.12.2001 befristeter Vertrag wurde nicht verlängert – anhand ihrer Klage vor dem Arbeitsgericht stellte sich allerdings heraus, dass die Befristung nicht rechtens ist. „Und das ist nicht der einzige Fall“, wettert der Betriebsratsvorsitzende Wolgang Büchler. „Man begrüßt ja bei Gericht schon die bekannten Gesichter“, sagt er und spricht von einem „zerrütteten Verhältnis“ mit der Geschäftsführung.

Hintergrund sind die enormen Einsparungen, die der mit über 400 Beschäftigten größte und älteste Träger von Beschäftigungsmaßnahmen nach der Umstrukturierung der Bremer Arbeitsmarktpolitik erbringen muss. Verträge zwischen der Bremer Arbeit GmbH (bag) und den Beschäftigungsträgern regeln seitdem die Höhe der öffentlichen Förderung. Die ist zwar bei allen weniger geworden, hat aber bei der AJB die größten Verwerfungen erzeugt.

„Da gibt es natürlich nicht immer Einvernehmen über die Sanierungsschritte“, wehrt sich Geschäftsführer Mohrmann. Und: „Wir haben versucht, die Einsparquote möglichst sozialverträglich zu erbringen“. Auch Abteilungsleiter Härtl hält Auseinandersetzungen vor dem Arbeitsgericht „bei einer solchen Unternehmensgröße für durchaus üblich“. Im Übrigen habe die Geschäftsführung dem Aufsichtsrat ein Sanierungskonzept vorgelegt, „das mit den Stimmen der Arbeitnehmervertreter gebilligt wurde.“ Was die Klage von Ulrike Sch. und eines weiteren Arbeitnehmers angeht, so streite man nun weiter vor dem Arbeitsgericht. Das Säumnisurteil mit der Androhung von Zwangsgeld kam deshalb zustande, weil die Geschäftsführung zum Gerichtstermin nicht erschienen ist, weitere Gerichtstermine stehen somit aus.

„Ganz schlechter Stil“, kommentiert Betriebsrat Wolfgang Büchler, und auch hier ist eine Quelle des Streites zu suchen. Die Geschäftsleitung verhalte sich „völlig abgehoben“. Personalkürzungen seien „vorher in keiner Weise mit den jeweiligen Betriebsleitungen abgestimmt“, heißt es in einer 4-seitigen Stellungnahme des Betriebsrats. Mohrmann habe sich vor Ort, beispielsweise im Hemelinger Recyclinghof, kein Bild von der Situation gemacht. Büchler zitiert die Unternehmensberater von FIDES, die im letzten Jahr im Auftrag der Geschäftsführung ein Gutachten angefertigt haben. „Das schlechte Betriebsklima bei den AJB kann sich ändern, wenn dem Wandel der Unternehmenskultur mehr Bedeutung zugesprochen wird.“

In diesem Gutachten und auch in den inhaltlichen Empfehlungen der Bremer Arbeit GmbH sei ausdrücklich die Rede von den „zukunftsfähigen Bereichen Recycling und ReUse“, die jetzt durch die Neuorganisation des „Tankers AJB“ in ihrer Autonomie beschnitten werden. „Betriebswirtschaftlicher Unsinn“, sagt dazu der Betriebsrat. Statt die produktiven Recyclinghöfe mit ihren angeschlossenen Quartier-Service-Projekten und Möbellagern zu stärken, würden neue Hierarchieebenen eingezogen, so auch der kritische Tenor eines Briefes, den die Recyclinghof-Leiter im November letzten Jahres an den Geschäftsführer adressierten.

„Hier könnten sich starke kommunale Dienstleister entwickeln, die für alle Beteiligten von Vorteil wären“, sagt Betriebsrat Büchler, „wenn wir uns mit der Geschäftsleitung nicht in kleinlichen Prozessen verlieren würden.“ hey