Hauptsache vollautomatisch

Wer wenig Zeit hat aber genug Geld, der wünscht sich eine Küche, die ihm soviel Arbeit wie möglich abnimmt: Kaffee auf Knopfdruck, sprechende Kühlschränke und mitdenkende Herde müssen her

Den Milch-anbrenn-vermeidungs-Herd will noch niemand bauen

„Die ganze Welt des Kaffeegeschmacks in einem Gerät. Und das ganz einfach per Knopfdruck.“ Verheißungsvoll klingt der Werbespruch für eine vollautomatische Espressomaschine und er wirkt auch: Italienischer Kaffee aus der eigenen Maschine liegt voll im Trend.

Die Espressovollautomaten waren der Verkaufsrenner im vergangenen Geschäftsjahr, hat der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie herausgefunden. Gingen vor zehn Jahren die Menschen für einen Espresso noch ins italienische Cafe nebenan, so gibt es heute immer weniger deutsche Küchen, in denen das Gerät, das uns wie von Zauberhand „italienische Momente“ beschert, fehlt.

Hauptsache vollautomatisch. Eine Emnid-Umfrage hat ergeben, dass 37 Prozent der jungen Menschen sich für ihr Traumhaus vollautomatische Elektronik wünschen. So auch der 30- jährige Oliver Wiedemann, der seiner Freundin zum Geburtstag eine Espressomaschine schenken will. Welches Gerät es genau sein soll, weiß er noch nicht, aber: „Ein Vollautomat muss es auf jeden Fall sein“.

Immer mehr Menschen haben immer weniger Zeit und wünschen sich Haushaltsgeräte, die alles von selbst erledigen. Viele Hersteller reagieren auf dieses Bedürfnis. Dabei ist die vollautomatische Espressomaschine nur ein harmloser Vorläufer für das, was uns die Zukunft bringen wird.

Der legendäre „ScreenFridge“, der nicht eigentlich der Kühlschrank, sondern vielmehr das Kommunikationszentrum des Haushalts ist, wurde schon vor zwei Jahren vom schwedischen Konzern Electrolux entwickelt, ist aber noch nicht im Handel erhältlich. Die Entwickler von „Screenfridge“ sind wohl davon ausgegangen, dass schon seit langer Zeit der Kühlschrank auch dazu zweckentfremdet wird, dass Familienmitglieder wichtige Termine, Einkaufszettel, Mitteilungen für die Eltern und Nummern vom Pizza-Service daran heften. Ein echtes Kommunikationszentrum eben. Das sieht beim „ScreenFridge“ fast genauso aus, doch was ehemals bunte Magnete erledigten, macht jetzt ein PC mit benutzerfreundlichem Bildschirmmenü. Wenn früher „Bitte Butter mitbringen, Gruß Gabi“ auf einem kleinen gelben Zettel an die Kühlschranktür gepappt wurde, sehen und hören wir jetzt Gabi auf einem Coputerbildschirm in einer Videoaufzeichnung sagen „Bitte Butter mitbringen“. Technik, die begeistert!

Natürlich kann der „ScreenFridge“ noch mehr. Online-Bestellung erledigen, Staumeldungen abfragen, telefonieren, mailen alles das ist kein Problem für das Kühl- und Kommunikationszentrum. Durch einen eingebauten Scanner kann das Gerät auch erkennen, welche Lebensmittel das Verfallsdatum erreicht haben und das dann prompt melden.

Ideal kombinieren ließe sich der intelligente Kühlschrank mit dem Herd, der mitdenkt. Nie mehr Milch, die überkocht: Nur noch den Topf auf die neue Keramikkochplatte stellen, alles andere macht der Herd vollautomatisch. Ein Traum?

Dank einiger Forscher am Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Sinterwerkstoffe könnte der bald Wirklichkeit werden. Sie haben einen Keramikwerkstoff entwickelt, der, gekoppelt mit der entsprechenden Elektronik, blitzschnell auf Temperaturveränderungen reagieren kann. „Leider sperren sich noch die großen Herdhersteller gegen die Neuerung“, sagt Mathias Herrmann vom Fraunhofer-Institut.

Bis sich da einer findet, müssen wir eben die Zeit mit selbstgemachtem Espresso aus der vollautomatischen Maschine überbrücken und leider weiter aufpassen, dass die Milch nicht anbrennt. Katja Plümäkers