Eiserner Verfechter von Kadaverdisziplin

Der Trainer der dänischen Nationalmannschaft Morten Olsen sorgt mit rassistischen Äußerungen für Aufregung

Die dänischen Spieler flüchten und schließen sich in ihre Hotelzimmer ein, wenn sie die Schritte ihres Trainers hören. Das hat einer von ihnen einem Journalisten der dänischen Tageszeitung Information anvertraut: „Er redet nur über Fußball und immer wieder über Fußball. Und das nervt irgendwann unheimlich.“ Das wird in den kommenden Tagen vermutlich eher noch schlimmer werden. Morten Olsen hat aus dem einstigen „dänischen Dynamit“, das in den letzten Jahren gar nicht mehr explodieren wollte, eine Elf gezimmert, die zu einer der Überraschungsmannschaften dieser WM gehört.

Nicht nur weil die Dänen den Weltmeister Frankreich versenkten, sondern ebenso unterhaltend wie effektiv spielten. Olsens Philosophie: „Es reicht nicht, zu gewinnen. Wir wollen auch etwas fürs Auge zeigen.“ Eine Mischung aus dänischer Spielfreude und einer kräftigen Portion deutscher Kadaverdisziplin gilt in Olsens Heimat als dessen Erfolgsrezept. Auf dem Spielfeld setzt er auf technisch perfekte Spieler und Standardsituationen. Die Spieler mögen es. Verteidigerstar Thomas Helveg vom AC Mailand: „Ich habe auch jetzt noch viel von ihm gelernt.“ Disziplin will Olsen aber auch im ganzen Umfeld. Als der Mann, der von 1993 bis 1995 auch den 1. FC Köln coachte, nachdem er dort Ende der Achtzigerjahre gespielt hatte und 1990 Trainer bei Dänemarks Spitzenmannschaft Bröndby wurde, verursachte er ein mittleres Erdbeben. Er verlangte von den Spielern, dass diese ihn vor dem Training mit Handschlag begrüßten.

Schluss war auch damit, bei Trainingslagern zum Frühstück in Shorts und Badesandalen zu erscheinen. „Hat man es mit mehr als drei oder vier Menschen zu tun, muss knallharte Disziplin herrschen“, sagte Olsen der Tageszeitung Jyllands-Posten, „besonders wenn es sich um Fußball handelt.“ Jeder Spieler sei im Prinzip erst mal egoistisch.

Der 52-Jährige mit über 100 Länderspielen, zweimaliger dänischer „Fußballer des Jahres“, scheint aber auch in anderer Beziehung ein ausgesprochen problematisches Menschenbild zu haben. In Dänemark geriet er ins Kreuzfeuer der Kritik, nachdem er der Boulevardzeitung BT am Sonntag ein Interview gegeben hatte, in dem er sich über afrikanische Fußballspieler und das harte Spiel von Senegals Elf so äußerte: „Ich habe mit Afrikanern zusammengespielt und weiß, wie sie sind, wenn sie am schlimmsten sind. Wir haben das gesehen. Selbst wenn sie in Europa leben oder dort aufgewachsen sind: Sie haben es offenbar in den Genen.“ Und: „Wir hätten ihnen besser nicht beigebracht, Fußball zu spielen.“

Gene für eine Spielweise verantwortlich zu machen, bedeutete nur eines: eine sofortige Entschuldigung und eine Rücknahme dieser Äußerung, kritisierte der linkssozialistische Abgeordnete Kamal Qureshi. Olsen habe nicht nachgedacht, bevor er geredet habe. Als „schwachsinnig“ bezeichnet Qureshis Abgeordnetenkollegin Pernille Rosenkrantz-Theil die Ausfälle des Trainers: Ein Nationaltrainer, der afrikanische Spieler als gewalttätig einstufe und hierfür ihre Gene verantwortlich mache, sei problematisch. In der nächsten Runde wird Dänemarks Elf auf eine englische, schwedische oder argentinische Mannschaft treffen. Mal sehen, was Olsen da für spielbestimmende Gene entdeckt. REINHARD WOLFF