Rundfunkmitarbeiter stummgestaltet

Berlin und Brandenburg beschließen Senderfusion. Personalräte empört: weniger Mitbestimmungsrechte

Ausgerechnet zwei sozialdemokratische Regierungen. Hanne Daum ist fassungslos: „Ich will das bis zum Beweis des Gegenteils einfach nicht glauben, dass gerade die SPD Arbeitnehmerrechte einschränkt!“ Gemeinsam mit der Vorsitzenden des Personalrates des Senders Freies Berlin (SFB) demonstrierten deshalb gestern rund 70 Mitarbeiter des SFB und des Ostdeutschen Rundfunks (ORB) vor dem Roten Rathaus. Dort wurde gleichzeitig im Kabinett der Staatsvertrag zur Fusion der Sender beschlossen.

Sollte der die Parlamente passieren, würden die Mitspracherechte der Mitarbeiter stark einschränkt. Für diese würde dann nicht mehr das Landes-, sondern das Bundespersonalvertretungsgesetz gelten. Der Personalrat hätte künftig weder bei der Einstellung von Mitarbeitern noch bei deren fristloser Kündigung ein Mitspracherecht.

Nachdem Lothar Bisky (PDS) seine Berliner Parteikollegen am Montag von Brandenburg aus wissen ließ, eine Zustimmung zu diesem Entwurf sei schlicht bescheuert, hatte es zwar noch ein Grummeln in der Berliner PDS-Fraktion gegeben. Einziges Zugeständnis der SPD war ein erweitertes Mitspracherecht bei ordentlichen Kündigungen. Ansonsten sei der Entwurf einstimmig verabschiedet worden, teilte André Schmitz, Leiter der Senatskanzlei und federführend bei den Verhandlungen, gestern mit.

Kritik an der „Medienpolitik auf Kurfürstenart“ und dem „preußischen Absolutismus“ hagelte es aber nicht nur von den Personalräten und Gewerkschaftsvertretern. Die Berliner Grünen kritisierten in einem offenen Brief an Klaus Wowereit die mangelnde Staatsferne, die unzureichende Zusammensetzung des Rundfunkrats und die Abhängigkeit des Verwaltungsrats. „Das ganze Procedere ist über die Köpfe aller Beteiligten hinweggegangen“, sagte die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Alice Ströver, der taz. Die Chance auf einen kreativen Rundfunk sei vertan, auch „weil da nicht gerade die fähigsten Leute verhandelt haben“.

Schmitz ließ sich davon wenig beeindrucken. Er stellte gestern den „strammen Zeitplan“ vor, nach dem der Staatsvertrag, der gestern Nachmittag auch von der großen Koalition in Potsdam beschlossen wurde, noch Ende des Monats von Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) unterzeichnet werden soll. Bis Ende des Jahres, so Schmitz’ Hoffnung, sollen die Parlamente den Vertrag bestätigen. Der Intendant soll bis zum Juni 2003 gewählt werden. SUSANNE AMANN