Football im Frühstücksfernsehen

Hier kann man Manfred Burgsmüller noch einmal live erleben. In den USA wird jeder Spieltag der NFL Europe mit ihrem World-Bowl-Champion Berlin Thunder übertragen. Aber was schert den Amerikaner eine Übertragung aus dem Jahnsportpark?

Der Name „The Best Damn Sportsshow“ passt bestens, lässt man das „Best“ weg

aus Santa Cruz PETER UNFRIED

Es ist Samstagmorgen, und ein völlig unrepräsentativer Check in den zwei verfügbaren Sports Bars lässt zumindest vermuten, wer sich in einem kalifornischen Küstenstädtchen um halb elf um die europäische Footballliga mit dem amtierenden Titelträger Berlin Thunder kümmert.

Niemand. Aber bitte: An diesem Wochenende haben die Sportfreunde neben dem Üblichen abzuarbeiten: die NBA-Finalspiele, die NHL-Finals, den Baseball-Klassiker Giants vs. Yankees – ein größeres Ereignis der Unterhaltungsbranche, Boxen in Memphis, Tennessee, und ein offenbar wichtiges Pferderennen. Und, ach ja: die Fußball-WM. Trotzdem läuft in einer leeren Ecke der Sports Bars auch die NFL Europe. Immerhin.

Der europäische Ableger der NFL mit ihrem World-Bowl-Champion Berlin Thunder hat 10 Spielwochenenden plus Endspiel. Alle werden in den USA live übertragen. Allerdings nicht eben zur Prime Time. Letzten Sonntag kam morgens um 10 Uhr das 31:23 von Berlin Thunder über die Scottish Claymores. Die Übertragung des gestrigen Rückspiel begann um 7 Uhr morgens kalifornischer Zeit und stand zu Redaktionsschluss 23:10 für die Schotten nach drei Vierteln des Spiels. Nur mit einem Sieg hat Thunder noch Chancen auf ein erneutes Erreichen des Finales.

Dann reden junge Männer mit erstaunlichen Oberkörpern von ihrem „Traum“, und dass sie unbedingt ihre „Familie stolz machen“ müssten. Das allein ist natürlich nichts Ungewöhnliches, sondern Alltag und Allnacht. Aber wenn die Athleten einen Akzent haben wie Nazis in den alten Hollywoodfilmen, dann kann das eben die NFL Europe auf Fox sein. Fox ist die Nummer 4 in den USA hinter den drei nationalen Sendern NBC, CBS und ABC. Der Sender gehört dem internationalen Medienunternehmer Rupert Murdoch – und genau so sieht er auch aus.

Zur Senderfamilie gehören der Film- und Serienkanal F/X , in dem immer dieselben Filme und Serien laufen. Der Nachrichtensender Fox News, der den anderen, allzu „liberalen“ (also: linken) Sendern nach eigenen Worten „faire und ausgeglichene“ (also: rechtskonservative ) Berichterstattung entgegensetzen möchte. Und der Sportkanal FSN. Dort hat man soeben die abendliche Sportnachrichtensendung abgesetzt und lässt dafür den Komödianten Tom Arnold die „The Best Damn Sportsshow“ machen.

Das ist ein Name der bestens passt, wenn man mal das „Best“ weglässt. Selbst die vorsichtige New York Times kam unlängst nicht mehr umhin, Fox eine Vorliebe für Dreck („sleaze loving“) zu attestieren, nachdem der Sender die Trash-Celebrities Tonya Harding und Paula Jones aufeinander gehetzt hatte – in einem Boxring. (Natürlich erreichte die Sendung Rekordquoten.) Warum übertragen Fox und FSN im achten Jahr die NFL Europe? Was schert den Amerikaner Berlin Thunder? Die offizielle Begründung: Man will es dem Publikum ermöglichen, „der Entwicklung der Stars von morgen bereits heute folgen“ zu können. Tatsächlich haben es schon Profis in den Kader eines NFL-Teams geschafft. An diesem Samstag konnte man auf FSN live mitverfolgen, wie Manfred Burgsmüller – in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts deutscher Fußballnationalspieler – sein Team Rhein Fire bei Frankfurt Galaxy zum 3:0 und der vorzeitigen Qualifikation für die World Bowl in zwei Wochen kickte. Man darf gespannt sein, ob er seine Versetzung in die NFL noch erlebt. Bei Fox wird gerne und viel über den „Erfolg der NFL Europe“ geredet. Wie gut es den Europäern doch getan habe, mal richtig in die amerikanische Lehre zu gehen. Damit haben die diesen uramerikanischen Sport endlich auch „richtig ins Blut gekriegt“. Fox präsentiert auch immer ein paar ehemalige NFL-Stars, der bekannteste ist der ehemalige Star-Quarterback Troy Aikman. Das wertet ein Ereignis aus dem Jahnsportpark, Berlin, natürlich auf. Vielleicht ist es am realistischsten, das Ganze als eine Art Substitutionsprogramm zu sehen, für die Gruppe der schwer Football-abhängigen US-Bürger, die irgendwo im weiten Land rumsitzen und den richtigen Stoff nicht kriegen können, weil die NFL-Saison nur von Herbst bis Mitte Januar geht. Wo das Zielpublikum sitzt, kann man am besten in den Werbepausen erahnen. Da lassen sich schon leicht angestoßene Männer neue Haare auf ihre Glatzen verpflanzen. Das macht aus dem traurigsten Versicherungsvertreter wieder den strahlenden Quarterback aus High-School-Zeiten. Mit Europa oder Berlin hat das alles nichts zu tun.