Die PDS zweifelt an Schilys Härte

Das Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ ist verboten. Doch die Aktivisten organisieren sich neu. Die PDS-Abgeordnete Jelpke hält dem Innenminister vor, das Verbot sei gescheitert. Otto Schily sieht nur „einzelne Hinweise“ für Untergrundaktionen

von HEIKE KLEFFNER

Der Slogan ist eindeutig. „Nur für Blonde und Hellhäutige“ lautet das Motto, unter dem der Hamburger V7-Versand seine CDs mit Titeln wie „Leibstandarte“ oder „Blutrausch“ anbietet. Dabei steht das Motto nicht nur für explizit rechtsextreme Musik, sondern in seiner Abkürzung „B & H“ stellt es nach Ansicht von Szenekennern auch eine Werbung für das verbotene Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ dar. Andere Neonazi-Versände versuchen das im September 2000 von Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) erlassene Verbot durch den in rechten Kreisen beliebten Zahlencode zu umgehen, bei dem die Ziffern für den jeweiligen Buchstaben im Alphabet stehen. Sie werben für T-Shirts mit Aufdrucken wie „28 – wir lassen uns nicht verbieten“.

„Es ist ein Skandal, dass die Bundesregierung immer noch nicht eindeutig zugibt, dass das Verbot fehlgeschlagen ist“, sagt denn auch die PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke. In der vergangenen Woche hatte die Bundesregierung auf eine entsprechende Anfrage lediglich eingeräumt, es lägen „einzelne Hinweise auf Aktivitäten ehemaliger Blood-&-Honour-Mitglieder vor“, die sich darum bemühten, die Präsenz des Neonazi-Netzwerks aufrechtzuerhalten. Als Belege für die unverminderten Aktivitäten aus Kreisen ehemaliger „Blood & Honour“-Aktivisten führt Jelpke dagegen unter anderem ein Konzert mit über 1.000 rechtsextremen Skinheads und Bands aus dem Neonazi-Netzwerk im März dieses Jahres in Dortmund an. Empört ist die PDS-Abgeordnete, weil die Polizei keine Anstalten machte, das Konzert zu unterbinden. „Die organisatorischen Zusammenhänge und die Bedeutung derartiger Ereignisse als Elemente einer rechten Erlebniswelt werden geleugnet“, sagt Jelpke. Dass bundesweit im vergangenen Jahr 80 anstelle von 82 Neonazi-Konzerte im Jahr 2000 registriert worden seien, könne man nicht als Rückgang bezeichnen.

Auch ein Ermittlungsverfahren, das die Staatsanwaltschaft Halle derzeit gegen 30 Rechtsextremisten aus sieben Bundesländern unter anderem wegen Verstoß gegen das Vereinsverbot von „Blood & Honour“ führt, treffe lediglich die „Spitze des Eisbergs“, sagt Michael Weiss, Autor des Standardwerks „White Noise“. Die Szene könne sich auf ein „gewachsenes Netzwerk politischer sowie sozialer Kontakte“ verlassen und habe sich angesichts des Repressionsdrucks längst neue Strategien zugelegt. So weichen Rechtsextremisten in den neuen wie alten Bundesländern für Konzerte zunehmend auf Privatgrundstücke aus. Neonazi-Anführer Christian Worch beschrieb seine Strategie unlängst ganz direkt: Auftritte beliebter Bands bei rechten Aufmärschen sollen dazu beitragen, die Verbote zu umgehen.