Tukur, Tukur, Klis, Klis, Xperpuac

■ Warum Maya-Sprachen besser als Schwitters sind – hörbar auf der Breminale

Ist es Schwitters oder wird hier gar gejandelt? Nein, Humberto Ackabal spricht Maya-Kitche, und auch seine Gedichte verfasst der Guatemalteke in der Sprache der Mayas. Und die klingt nach Grillen, Fledermäusen und vielen Vögeln. Der Urwald ist ja voll davon. Tatsächlich erklingen ihre Stimmen auch originalgetreu wieder, denn auf Maya-K itche sind die Vogelnamen mit ihren Rufen identisch.

So tönt der Poet in seinen „Cantos de Pájaros“: „Tukur, Tukur, Klis, Klis, Xperpuac, Xperpuac “ Auf Einladung des Oldenburger Literaturbüros gaben Autoren aus Lateinamerika an der Hunte schon mal einen Vorgeschmack auf das, was es an diesem Wochenende an der Weser zu hören gibt: “Poetry on the road“, das dritte Internationale Literaturfestival vom Literaturfo-rum Bremen.

Die Indios sprechen also tatsächlich mit den Vögeln, indem sie ihre Namen nennen, und als Lyrik nennt man das dann Onomatopoesie – also ungefähr Dichtung mit lautmalerischen Elementen. Humberto Akkabals Verse haben etwas fabelhaftes an sich. Hier spielt der Jaguar mit dem Mond und die Pfirsichbäume weinen, hier atmet die Verbundenheit des südamerikanischen Volkes mit der Natur, aus deren Reichtum die Kultur der Mayas schöpfte.

Als poetische Bilder sind Tier- und Pflanzenwelt aber nicht allegorisch oder metaphorisch zu verstehen. Hier scheint die kulturelle Vergangenheit der Indios auf – ein Naturvolk eben. Also werden Jaguar und Grille, Kolibri und Tukur zu subversiven Gegenbildern der heutigen Realität in den verarmten und ihrer natürlichen Reichtümer beraubten Völker Südamerikas. Bilder von heiler Menschlichkeit, die den Bruch zur Gegenwart markieren. Denn die Toten finden in Akkabals Versen nicht zurück in das frisch geweißte Haus, „die weiße Farbe des Kalkes blendet die Augen der Toten“, hingegen heißt es „die Steine haben alte Augen, indem sie nur betrachtet werden, entdeckt man Weisheit“.

Die Kolumbianerin Angela Garcia ist hingegen politischer. Die Mitbegründerin des legendären Poesiefestivals von Medellín, das in Kolumbien eine poetische Bürgerbewegung lostrat, lebt heute in Schweden. Ein Museumsbesucher schmeißt in ihren Versen einen Stein auf die Mona Lisa: Nicht, dass er etwas gegen Rätsel hätte, er hat nur seit zwei Tagen nichts gegessen. Wir im reichen Europa sind diese Mona Lisa, wir sezieren fasziniert die Knochen alter Kulturen und nehmen die betreffenden Menschen nur als deren Artefakte zur Kenntnis. Angela Garcia verleiht dem blinden Bettler eine Stimme. So sinnlich kann politische Lyrik sein.

Marijke Gerwin

Umberto Ak kabal liest am Samstag (1.6.) von 14 bis 16 Uhr auf der Breminale am Osterdeich. Um 20 Uhr „Poetry by Shakespeare“ im Theater am Leibnizplatz. Angela Garcia liest am Sonntag um 11 Uhrin Bremen in der oberen Rathaushalle

Weitere Informationen im Internet unter: www.poetry-on-the-road.com