Macht über die Sucht

Der kontrollierte Konsum: Rettung für die, die nicht aufhören wollen oder können. Auf den 7. Suchttherapietagen in Hamburg diskutieren Experten neue Ansätze

Unter dem Motto: „Konsum kontrollierbar – kontrollierter Konsum“ betreten Praktiker und Forscher therapeutisches Neuland in der Suchttherapie. Drei Tage wollen Allgemeinmediziner, Psychologen, Sozialarbeiter und andere in zahlreichen Workshops, Vorlesungen und Diskussionsrunden der Frage nachgehen: Ist Konsum kontrollierbar? Anlass der Zusammenkunft sind die 7. Suchttherapietage am Pädagogischen Institut der Universität Hamburg. Die 800 bis 1000 Teilnehmer aus dem gesamten deutschsprachigen Raum informieren sich über neue Therapieformen und werden Angebote für spezielle Arbeitsbereiche entwickeln.

„Für die Therapie von Sucht und Abhängigkeit stellt sich heute die Frage, inwieweit es sinnvoll ist, einen Menschen bei dem Bemühen zu unterstützen, seinen Konsum einzuschränken, ohne dass die Konsequenz für jeden die absolute Abstinenz vom Suchtmittel wäre“, erklärt einer der Vortragenden, Joachim Körkel, Professor für Psychologie in Nürnberg. Forschungen und Studien belegen, dass der selbst gewählte Weg jedes inzelnen, sich mit seiner Sucht auseinander zu setzen, ihn am ehesten an das gewünschte Ziel bringt. Modellversuche wie das Projekt „Heroingestützte Behandlung“ der Bundesregierung oder das Therapieprojekt „Kontrolliertes Trinken“ bestätigten diesen Ansatz in der Praxis.

Voraussetzung für den Erfolg des neuen Ansatzes ist ein generelles Umdenken Abhängiger und Süchtiger. Wichtig dafür ist, dass in der Bevölkerung das oft negative Bild von süchtigen „Einzeltätern“ zu Gunsten eines ehrlicheren Bildes von sich selbst ersetzt wird. Das sieht die Einsicht vor, Sucht und Abhängigkeit an sich selbst festzustellen und den Gedanken zu entwickeln, daran etwas ändern zu wollen. „Und da wollen wir mit unserer zukünftigen Arbeit individuell vertstärkt ansetzen“, sagt Körkel.

Um diese hehren Ziele auch zu realisieren, müssten geeignete Projekte in vielen deutschen Städten Schule machen und sich durchsetzen. Professor Körkel ist davon überzeugt, dass „eine Suchttherapie dann erfolgreich ist, wenn man viele Menschen mit dem richtigen Angebot erreicht, wenn sie freiwillig mitarbeiten und sich in ihren guten Vorsätzen bestärken lassen.“

PEGGY WOLF