Rechtsanwälte nicht nur für Reiche

Anwälte kosten Geld. Wie viel, ist gesetzlich in der Gebührenordnung geregelt. Doch freie Honorarvereinbarungen sind möglich, dürfen die Mindestgebühr aber nicht unterschreiten. Gebührenordnung soll noch in diesem Jahr reformiert werden

Anwälte sind nur etwas für Reiche – so lautet ein Vorurteil. Zu Unrecht, findet Ulrich Scharf, Vizepräsident der Bundesrechtsanwaltskammer. Er weist darauf hin, dass besonders hohe Honorare nur in sehr prominenten Fällen gezahlt werden.

Das Gros der Fälle werde hingegen nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (Brago) abgerechnet; und die lege recht genau fest, welche Leistung eines Anwalts wie bezahlt werde. Vor Überraschungen bei Erhalt der Rechnung muss man sich also nicht fürchten, denn „in der Regel wird heute beim Anwalt als Erstes über Geld geredet“, weiß Scharf. Der sei durchaus in der Lage, seinen Klienten vorab darüber aufzuklären, welche Kosten in etwa auf ihn zukommen.

Wer einen Anwalt aufsucht, will mitunter zunächst nur rechtlich beraten werden. Dafür wird auch dann eine Gebühr fällig, wenn kein Auftrag folgt. Allerdings darf die Beratungsgebühr 180 Euro nicht übersteigen und wird gegebenenfalls später mit der Geschäfts- oder Prozessgebühr verrechnet.

Mandatiert man den Anwalt, wird eine Geschäftsgebühr fällig für alles, was der Anwalt außergerichtlich unternimmt, um den Fall zu lösen. Dazu gehört neben der juristischen Fallanalyse etwa die Korrespondenz mit der Gegenseite. Für Besprechungen mit dem gegnerischen Anwalt, die die außergerichtliche Lösung vorantreiben, darf der Anwalt zusätzlich eine Besprechungsgebühr berechnen. Erzielt er schließlich einen außergerichtlichen Vergleich, wird eine Vergleichsgebühr fällig. Wird ein Prozess von vornherein angestrebt oder ist er unumgänglich, entsteht mit der ersten Prozessvorbereitung statt der Geschäftsgebühr eine Prozessgebühr. Dazu kann eine Beweis- oder, falls der Richter die Verhandlung zu einem Vergleich führt, eine Vergleichsgebühr kommen.

Die Anzahl der einzelnen Gebühren orientiert sich am Arbeitsaufwand des Anwalts. In der Regel werden pro Fallbearbeitung zwei bis drei, selten und höchstens vier verschiedene Gebühren fällig; aber all diese Gebühren innerhalb eines Falles immer nur jeweils einmal. Hinzu kommen die Mehrwertsteuer in Höhe von 16 Prozent der Rechnungssumme sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von maximal 20 Euro.

Die Höhe der Gebühren richtet sich nach dem Streitwert der Angelegenheit und ist in der Brago gesetzlich festgeschrieben. Der Streitwert ist einfach festzustellen, wenn es um die Zahlung offener Forderungen geht. Er entspricht dann genau der Höhe dieser Forderungen. Schwieriger ist es beispielsweise bei Unterlassungsklagen, Ehescheidungen oder Baugenehmigungen. In solchen Fällen wird der Streitwert entweder gesetzlichen Vorschriften oder der Rechtsprechung entnommen beziehungsweise vom Gericht festgesetzt, wenn es zum Prozess kommt.

Gemessen am Arbeitsaufwand hat der Anwalt die Möglichkeit, halbe, mittlere oder ganze Gebührensätze zu berechnen. Bei einem Streitwert von 5.000 Euro beträgt die volle Gebühr 301 Euro. Ist der Sachverhalt jedoch klar und der Streit einfach zu lösen, werden in der Regel nur je eine dreiviertel Geschäfts- und Besprechungsgebühr fällig, für den außergerichtlichen Vergleich jedoch die anderthalbfache Gebühr.

Die gesetzlichen Vorgaben dürfen nicht unterboten werden. Lediglich im außergerichtlichen Bereich sind Honorarvereinbarungen unterhalb dieses Rahmens möglich, wobei auch die immer noch der Leistung, Verantwortung und dem Haftungsrisiko des Anwalts angemessen sein müssen.

Nach oben ist dagegen alles offen: Wird der Arbeitsaufwand für einen Anwalt so groß, dass er im Rahmen der Gebührentabelle nicht mehr angemessen zu vergüten wäre, können Honorarvereinbarungen getroffen werden. Die sind jedoch schriftlich zu fixieren, sodass der Mandant abermals weiß, was auf ihn zukommt.

Gewinnt man einen Prozess, muss der Gegner übrigens nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die entstandenen Anwaltskosten bezahlen. Umgekehrt bedeutet das: Wer einen Prozess verliert, zahlt Gerichtskosten, eigene Anwaltskosten und die des gegnerischen Anwaltes. Die allerdings nur in der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe. Unangemessene Honorarvereinbarungen müssen nicht ausgeglichen werden. Im arbeitsgerichtlichen Prozess zahlt jede Partei ihren Anwalt selbst – unabhängig vom Ausgang.

Die Rechtsschutzversicherung übernimmt hingegen auch wenn man verliert die Kosten für den gegnerischen Anwalt. Zu beachten ist dabei aber, dass bei den meisten Policen fast alle öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten, Familiensachen wie Scheidungen und vorsätzlich begangene Straftaten vom Rechtsschutz ausgenommen sind. Deshalb sollte man sich zuvor bei seiner Versicherung erkundigen, ob sie die Kosten übernimmt.

Gibt es doch mal Streit über die Höhe der Anwaltsrechnung, kann man sich an die örtliche Anwaltskammer wenden. An den meisten, so Ulrich Scharf, gebe es Schiedsgerichte, die entsprechende Schlichtungsverfahren durchführten.

Die Gebührenordnung für Anwälte soll jetzt reformiert werden. Berechnet werden danach künftig weniger Einzelgebühren, die dann aber jeweils deutlich höher ausfallen können. So genannte Erfolgshonorare, wie sie etwa in den Vereinigten Staaten nur im Fall eines gewonnenen Prozesses – dann jedoch reichlich – gezahlt werden, sind auch nach der Reform hierzulande nicht vorgesehen, was bislang in Europa unzulässig ist. Genaueres erfährt man vielleicht vom Kanzler höchstselbst: Er will, so der Plan bei Redaktionsschluss, an diesem Wochenende auf dem derzeit stattfindenden Anwaltstag reden. KATHARINA JABRANE