Auftanken in Rekordzeit

Wellness am Wochenende: von Baden total bis total ökologisch. Aber: Es wird zum Stress, wenn man etwas für Körper und Seele tun will und dazu in kürzester Zeit möglichst viele Anwendungen – Massagen und Bäder – mitnimmt

„Wellness am Wochenende macht eigentlich wenig Sinn“, weiß der Geschäftsführer des Deutschen Wellness-Verbandes, Lutz Hertel. Eine ursprünglich gute Sache, nämlich mit sinnlichem Genuss etwas für die Gesundheit von Körper und Seele zu tun, arte in Stress aus, wenn man in kürzester Zeit möglichst viele Anwendungen – Massagen, Bäder, Fitnesstraining – mitnehmen wolle. Wer auch beim Erholen – und nichts anderes erhoffen sich ja viele vom Wellnessangebot – von Termin zu Termin hetze, und sei er einzeln betrachtet auch noch so angenehm, der verfehle das Ziel.

Schon mit Waldspaziergängen und ein oder zwei Übernachtungen in einem netten Landhotel könne man wesentlich mehr vom Wellnessgedanken umsetzen. Das schone zudem den Geldbeutel, denn, so Hertel: „In vielen Fällen kann man schon von Well-Nepp sprechen.“

Dennoch: Die Zeiten, wo man am Wochenende nur im Bett blieb oder einfach raus aufs Land fuhr, sind vorbei. Wellness ist angesagt. Dazu muss man nicht einmal die Stadtgrenzen hinter sich lassen. Denn auch das Fitnessstudio ist ein Ort, an dem sich auftanken lässt, zumal wenn es über Pool, Sauna und einen geübten Masseur verfügt. Ein Tagesbesuch beispielsweise im „Ars Vitalis“ bietet jedoch mehr als das: In großzügig eingerichteten, lichten Fitnessräumen oder auf der Dachterrasse kann an modernen Geräten – auf Wunsch mit sportärztlicher Betreuung – trainiert werden. Sauna, Biosauna, mehrere Dampfbäder und ein Hamam-Massageraum sorgen anschließend für angenehme Entspannung.

Ohne Training, dafür mit viel Wasser, noch mehr Dampf und raffinierten Massage- und Kosmetik-Angeboten wartet das „Sultan Hamam“ auf. In einem Gebäude, wo man dergleichen zunächst nicht erwartet, empfangen orientalisch angehauchte Räume den gestressten Städter. Der Service ist umfassend, und so manchem wird mit der aufgeweichten Haut durch fachkundige Hand auch der Alltag vom Körper gerubbelt. Hinterher fühlt man sich herrlich entspannt. Auch Kinder haben ihren Spaß an dieser Badekultur.

Aus dem Alltag abtauchen im Wortsinn lässt sich im gerade in Berlin eröffneten „Liquidrom“. Angesiedelt ist das musische Bad im neuen Tempodrom. Was zunächst wie ein ganz normaler Badebetrieb in besonderem Ambiente anmutet, entpuppt sich spätestens dann, wenn in die unter Salzwasser getauchten Ohren Musik fließt, als Entspannung pur. Architektonisch sei das „Liquidrom“ ein „Mittelding zwischen Höhle und Kathedrale“ und – so der Entwickler dieses Wasser-Musik-Experimentes Micky Remann – das „I-Tüpfelchen auf dem Gesamtkunstwerk Tempodrom“. Die Mischung aus Klängen und Lichtprojektionen, die im warmen, tragenden Wasser über den ganzen Körper aufgenommen werden, macht diese Art der Entspannung einzigartig. Wer mehr will als Baden in Licht und Musik, kann mit Aqua-Wellness Körperarbeit und geführte Bewegungen im warmen Wasser buchen. Shiatsu, Hawaiian Bodywork und eine Klangliege runden das Angebot ab.

Wer besser auftanken kann, wenn er die gewohnte Umgebung für ein paar Tage ausblendet, muss auf den Badegenuss in flüssigen Klängen nicht verzichten. In Bad Sulza, etwa zwei Stunden von Berlin entfernt, gibt es ebenfalls einen „Liquid Sound Tempel“ – und die „Toskana Therme“ mit ausgedehnter Saunalandschaft und Dampfbad gleich dazu. Auch die Umgebung ist in mehrfacher Hinsicht reizvoll. Hier liegt das nördlichste Weinbaugebiet Deutschlands. Sonnige Hänge und burgbestandene Hügel laden zu ausgedehnten Spaziergängen ein. Das „Hotel an der Therme“ bietet ein breit gefächertes, wenn auch nicht gerade billiges Wellnessrepertoire: Massagen, Bäder, Reiki, Shiatsu und Aqua-Wellness gehören dazu. Zwei Stunden Thermeneintritt sind im Preis enthalten.

Ökologisch korrekt erholt man sich auf dem Ökohof Retzow, dessen Motto „Genieße dich gesund“ mit allen Sinnen umgesetzt werden kann. Wo bei anderen Wellnessangeboten spätestens bei teilweise konventionell hergestellten Lebensmitteln, gechlorten Pools und synthetischen Duftstoffen der Erholung Grenzen gesetzt sind, bietet man in Retzow biologische Kost und Kosmetikprodukte an, die ohne künstliche Konservierung auskommen. Das Schlafen in baubiologisch optimal und nach Feng-Shui-Prinzipien ausgestatteten Räumen trägt ebenso zur Ökowellness bei wie der Aufenthalt im therapeutischen Gewächshaus.

Die familiäre Atmosphäre kommt auch den Kleinen, die hier willkommen sind, zugute. Sie finden jede Menge Abwechslung und werden, während die Eltern diverse Angebote wahrnehmen, liebevoll betreut. Nicht selbstverständlich ist nämlich oft das begleitende oder gar selbst Entspannung suchende Kind bei vielen herkömmlichen Anbietern. KATHARINA JABRANE