Erste Kinderstadt im Norden

200 Hamburger Kinder und Jugendliche proben vier Tage lang in Henry Town das „richtige“ Leben (fast) ohne Erwachsene – eine Aktion des Jugendrotkreuzes

Elf Jahre alt und schon gewählter Bürgermeister einer eigenständigen Stadt – das gibt es nicht? Und ob es das gibt – in Hamburgs erster Kinderstadt Henry Town. 200 Hamburger Kinder und Jugendliche von sieben bis vierzehn Jahren wohnen vom 9. bis 14. Mai 2002 in einer Stadt aus Zelten und Pavillons auf dem Gelände der Grundschule Hinter der Lieth (Lokstedt). In Henry Town gibt es alles, was es in einer Stadt geben muss: ein Einwohnermeldeamt, ein Rathaus, ein Arbeitsamt, eine Post, eine Bank, ein Krankenhaus, eine Kirche, auch eine Moschee, ein Café, ein Medienzentrum, ein Vereinshaus, eine Feuerwehr, ein Finanzamt, ein Haus der Dienstleistungen und ein Haus des Handwerks. Die „Kleinen Leute“ proben dort das Leben (fast) ohne Erwachsene, wohl aber mit deren Rechten und Pflichten.

Donnerstag, 9 Uhr: Vor dem Einwohnermeldeamt stehen 200 ungeduldige Kinder – sie warten auf ihren roten BürgerInnenausweis. Haben sie den in der Hand, wissen sie eine „Adresse“, sprich ihren Schlafsaal in einem der Klassenzimmer, und müssen sich dann Arbeit suchen. Wer eine Stelle findet, arbeitet fünf bis sechs Stunden am Tag als TelefonistIn, FrisörIn, TischlerIn, DekorateurIn, SchneiderIn ... Wer keine Arbeit bekommt, macht Weiterbildungen. Für beides gibt es Geld, denn natürlich gibt es in Henry Town auch eine Währung: Henrys und Kreuzer. Leider gibt es auch Steuern, die direkt vom Verdienst abgezogen werden.

Am Sonntag, 12 Uhr, wird das Spektakel mit einer feierlichen Abschlussveranstaltung beendet. Für die Zukunft erhofft sich Werner Weidemann, Präsident des DRK und Initiator des Projekts, „dass Henry Town auch im nächsten Jahr wieder seine Pforten öffnen kann“.

Das rund 20.000 Euro teure Projekt wurde aus Mitteln des Roten Kreuzes und der Stadt Hamburg finanziert. 160 Frauen und Männer haben ehrenamtlich geholfen, alles Nötige vorzubereiten und zu organisieren und die Stadt als Projekt des Hamburger Jugendrotkreuzes auf die Beine zu stellen. Übrigens: Henry Town hat seinen Namen vom Gründer des Roten Kreuzes, Henry Dunant (1826 bis 1910). PEGGY WOLF