Seit Erfurt sind sie alle hart

Rot-Grün, Union und jetzt sogar die FDP haben sich verständigt: Das Waffenrecht soll noch vor der Sommerpause verschärft werden. Streit gibt es nur um die Altersgrenze für Waffenkauf: 21 oder 25?

aus Berlin LUKAS WALLRAFF

Noch am Tag vor Erfurt sträubte sich die Opposition aus FDP und CDU/CSU energisch gegen scharfe Waffengesetze. Am Montagabend dann dauerte es nur drei Stunden, bis sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und die Ministerpräsidenten von Union wie SPD einig waren: Das gerade erst vom Bundestag beschlossene Waffenrecht wird noch vor der Sommerpause verschärft, die Altersgrenze für legalen Waffenbesitz wird angehoben.

Angesichts der neuen großen Koalition der Waffenrechtsverschärfer will jetzt auch die FDP nicht länger außen vor bleiben. „Zur Heraufsetzung des Alters auf 21 Jahre sage ich Ja“, erklärte der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Max Stadler, gestern gegenüber der taz. Außerdem schlug er vor, eine Meldepflicht für Händler einzuführen: Alle drei Monate sollten sie den Behörden mitteilen, wem sie Waffen verkauft haben.

Vor dem Amoklauf in Erfurt hatten sich die Liberalen noch ganz anders geäußert: Deutschland habe bereits das schärfste Waffenrecht, sagte der FDP-Abgeordnete Rainer Funke am 26. April im Bundestag, weitere Restriktionen seien „unnötig“.

Nun plagt manche in der FDP ein schlechtes Gewissen. Man habe das Gesetz damals abgelehnt, sagte Stadler gestern, „aufgrund des Erkenntnisstandes, den wir damals hatten“. Aber dann kam Erfurt: „Aufgrund eines solchen Vorfalls überlegt man natürlich, ob man nicht doch an der einen oder anderen Stelle noch etwas macht.“

Auch die Union hat nach Erfurt umgedacht. Anders als die FDP hatte sie dem ersten Gesetzentwurf zwar zugestimmt – aber nur, weil es ihr gelungen war, echte Verschärfungen zu verhindern. „Wir haben dieses Ergebnis erreicht durch engen Schulterschluss mit den Schützen, Jägern, Waffensammlern und Waffenherstellern“, jubelte der CDU-Abgeordnete Klaus Lippold im April. „Eine sinnlose Waffenbegrenzung ist vom Tisch.“

Lippold war gestern nicht zu erreichen. CDU/CSU-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach sagte der taz: „Wir müssen uns die Frage gefallen lassen, warum erst eine solch fürchterliche Tat geschehen musste, um darüber nachzudenken, ob das Waffengesetz überprüft werden muss“. Den Vorwurf, nur die Opposition habe ihre Meinung geändert, weist er allerdings weit von sich. Bosbach spricht von „Krokodilstränen“ der Regierungsparteien und betont: „Das war doch ein rot-grünes Gesetz. Das bedeutet doch, dass auch Rot-Grün weitere Verschärfungen damals nicht für notwendig hielt.“

Gestern diskutierten Union und SPD nur noch über die angemessene Altersgrenze für Waffenbesitz. Schröder und Thüringens Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) wünschten sich ein Limit von 25 Jahren. Schily und der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) bevorzugen hingegen eine Anhebung auf 21 Jahre. Alle Beteiligten zeigten sich aber zuversichtlich, auch hier zu einer Einigung zu kommen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll bis Ende Mai den genauen Gesetzestext ausarbeiten.