Fortschritt mit Haken und Streben

Bei Fahrradtaschen sollte man nicht nur auf Größe und Material achten. Für sicheren Transport und schnelles Handling sorgen neue Befestigungssysteme. Zu lang geratene Riemchen müssen heute niemandem mehr dazwischenkommen

Wenn es überhaupt jemals eine Revolution am Fahrrad gegeben hat, dann sind ihre Errungenschaften ziemlich klein. Aber ungeheuer nützlich. Die Produkte der Umsturzbemühungen heißen Quick-Lock oder auch Twist 2000 und gehören streng genommen in den Bereich Zubehör.

Techniker sprechen von Radtaschenhalterungssystemen mit automatischer Verriegelungsfunktion. Auf alle Fälle haben sie das An- und Abhängen von Behältnissen an den Gepäckträgern, eigentlich den gesamten Transport, schneller und sicherer gemacht. Und unzählige Radtouristen womöglich auch glücklicher.

Bis vor 20 Jahren wurde nahezu jede Tasche nicht am Rad befestigt, sondern ans Rad gefummelt. Befestigungsriemchen und -laschen waren um die Rohre zu schlingen, bestenfalls Klettverschlüsse zu schließen, unförmige Blechhaken irgendwo einzuhängen. Mit dem häufigen Ergebnis, dass die Last hin und her wackelte, Bänder und Schnallen sich lösten. Und manchmal verhedderte sich Flatterhaftes dann in den Speichen oder der Kette. Das Erstaunliche ist, dass derartige Unqualität immer noch gehandelt wird. Vielleicht sogar wieder verstärkt. Viele Discounter und Kaufhäuser haben in diesem Frühling Fahrräder und Zubehör zu Kampfpreisen im Angebot. Dreifachtaschen für den hinteren Gepäckträger sind hier und da für weniger als zehn Euro zu haben – inklusive „Befestigungsgurte zur einfachen Montage“. Es scheint, dass längst überwunden geglaubte Produktnachteile immer noch in Kauf genommen werden. Solange der Schnäppchenpreis stimmt.

Im Fachhandel hält man vom Roll-back verständlicherweise überhaupt nichts. Dort dominieren eindeutig die Produkte mit einrastenden Haken, eben den kleinen Dingern, die das Reisen mit dem Rad so gewaltig verändert haben.

Diese Innovationen passen auf alle Standardstreben, zumindest auf die mit einem Durchmesser von acht bis zehn Millimetern. Im Normalfall sind sie kinderleicht zu bedienen oder gar selbst arretierend. Gelöst wird der Sperrmechanismus durch Zug am Griff der Tasche oder durch Fingerdruck auf einen bestimmten Punkt des Hakens. Die Haken sitzen auf einer Schiene auf der Rückseite und können hin- und hergeschoben werden – manchmal ohne Werkzeug, manchmal erst nach Lösen einer Kreuzschlitzschraube. Was aber allenfalls vorm ersten Einhängen oder beim Wechsel auf ein anderes Fahrrad notwendig sein dürfte.

Da für ein Paar solcher Radtaschen zumeist sehr viel mehr als zehn Euro zu zahlen sind, sollte man auch auf die Details achten. So muss die Hakenschiene selbstverständlich aus hoch solidem Material sein (als besonders belastbar gilt glasfaserverstärkter Kunststoff) und mit der Taschenrückseite schier untrennbar verbunden sein. Robuste Nieten sind hier erste Wahl.

Außerdem sollte sich der Hersteller auch eine Lösung für den unteren Teil der Tasche ausgedacht haben. Etwa um das seitliche Pendeln auszuschließen. Die Firma Ortlieb präsentiert hier eine zusätzliche eiförmige Schiene (Quick-Lock2), auf der ein großer, stufenlos verstellbar Haken sitzt. So kann er mühelos hinter eine der Gepäckträgerstreben geklemmt werden.

Wer auf all diese Fortschritte im velophilen Transportwesen pfeift, spart zuerst einmal Geld – siehe oben. Und natürlich ist nicht auszuschließen, dass man auch mit vorrevolutionärem Equipment ans Ziel gelangt. Es ist aber auch gut möglich, dass dann etwas dazwischenkommt. Vielleicht ein zu lang geratenes Riemchen. HELMUT DACHALE