Bundeswehr ordnet Teilrückzug an

■ „Unser Heer“ bleibt Montag geschlossen – weil sich das Rekrutengelöbnis zum 22. Mal jährt

„Streitkräfte zum Anfassen“ verspricht die Bundeswehr, wenn sie ab Donnerstag auf der Bürgerweide mit Panzern, Haubitzen und Hubschraubern in Stellung geht. Fünf Tage lang sollte die „größte mobile Ausstellung der Bundeswehr“ in Bremen gastieren – bis einschließlich Montag. Am Montag aber jährt sich in Bremen zum 22. Mal das öffentliche Rekrutengelöbnis im Weserstadion. Die „historischen“ Straßenschlachten, die sich die über 10.000 Gegendemonstranten damals mit der Polizei lieferten, sind vielen BremerInnen noch in traumatischer Erinnerung. Jetzt machte die Bundeswehr einen Rückzieher: Die olivgrüne Werbeschau wird bereits am Sonntagabend ihre Pforten wieder schließen.

Weder das Verteidigungs-Bezirkskommando in Bremen noch die Planer im Heeresamt in Köln hatten zunächst Anstoß an dem „Jubiläums“-Termin genommen. „Wir sind alle jüngeren Jahrgangs“, entschuldigt Thomas Huber, Presseoffizier der Ausstellung, den Fauxpas: „Wir wussten nicht, was an diesem Tag in Bremen los war.“ Auch der Bremer Senat habe keinen Einspruch erhoben: „Der hieß uns sehr herzlich willkommen.“ Erst vor wenigen Tagen kamen dem Heeresamt Zweifel ob des Termins. Es „empfahl“, auf den 6. Mai als Ausstellungstag zu verzichten. Huber: „Wir wollen die Bedenken schon respektieren – weil da Ausschreitungen passiert sind, an die sich keine Seite gern erinnert.“

„Immerhin ein Tag weniger“, freute sich Ekkehard Lentz, Sprecher des Bremer Friedensforums über den Teilrückzug der Militärs. Den KriegsgegnerInnen stößt die geballte Präsenz von Kampfpanzern, Flugabwehrgeschossen und Panzerabwehrhubschraubern mitten in der Stadt allerdings auch unabhängig vom Termin auf. „Das ist eine Provokation“, sagt Lentz: „Ausstellung und Rahmenprogramm tragen zur Militarisierung unserer Gesellschaft bei.“ Der Senat und die Bremische Bürgerschaft dürften nach der umstrittenen Rekrutenvereidigung von 1980 „kein zweites Militärspektakel auf zivilem Boden“ in Bremen zulassen, heißt es in einem Flugblatt, das unter anderem auch die Abrüstungsinitiative Bremer Kirchengemeinden, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die GesamtschülerInnen-Vertretung (GSV), der AStA der Universität Oldenburg und die Bremer PDS unterzeichnet haben.

Mit ihrer Image-Kampagne richtet sich die Bundeswehr gezielt an die 14- bis 18-Jährigen. Man wolle „den erweiterten Auftrag, die Ausrüstung der Armee sowie den Arbeits- und Ausbildungsplatz Bundeswehr vorstellen“, schrieben die Organisatoren an die Schülervertretungen und boten den kostenlosen An- und Abtransport zur Bürgerweide an. Sogenannte „Jugendoffiziere“ tingeln schon seit Wochen durch die Schulen, um Klassen zum Besuch der Panzervorführungen zu bewegen. GSV und GEW hingegen rufen SchülerInnen und LehrerInnen zum Boykott der Schau auf. „Die Bundeswehr will ihre Auslandseinsätze und weltweite Präsenz als selbstverständlich darstellen“, kritisiert Christian Gloede-Noweck von der GEW. Das Bildungsressort hat damit kein Problem: „Wir haben den Auftrag, die jungen Menschen sowohl über die Bundeswehr als auch über andere Formen der Konfliktregelung zu informieren“, sagt Sprecher Rainer Gausepohl: „Das ist für uns kein Widerspruch.“

Die Bremer Staatsanwaltschaft erhob ges-tern Anklage gegen zwei Frauen, die Plakate mit dem Aufdruck „Bundeswehr abschaffen! Damals wie heute keine Kriegspropaganda in Bremen!“ geklebt haben sollen. Die Abbildung zeige einen Mann mit einem Pflasterstein in der Hand, der Polizisten in Schutzkleidung gegenüberstehe und rufe also zu Gewalttätigkeiten auf. hoi

Das Bremer Friedensforum organisiert am Donnerstag um 14 Uhr einer Kundgebung hinter dem Hauptbahnhof.