Amoklauf in Erfurt

Ein 19-Jähriger erschießt in einer Erfurter Schule 13 Lehrer, zwei Schüler, eine Sekretärin, einen Polizisten und sich selbst. Rau spricht von „unfassbarem Geschehen“. Schröder warnt vor übereilten Erklärungsversuchen. CDU-Minister kritisiert Regierung

ERFURT dpa/rtr/ap ■ Der Amoklauf in einem Erfurter Gymnasium, bei dem gestern 18 Menschen getötet wurden, hat für blankes Entsetzen und Ratlosigkeit gesorgt. „Deutschland trauert über ein unfassbares Geschehen“, sagte Bundespräsident Johannes Rau in Berlin. 18 Menschen seien sinnlos gestorben. „Wir können nicht in Worte fassen, was wir in Deutschland jetzt empfinden“, so Rau in seiner ersten Stellungnahme. „Die ersten Gedanken gelten den Toten und ihren Hinterbliebenen.“

Ein 19-jähriger ehemaliger Schüler des Erfurter Gutenberg-Gymnasiums hatte nach Angaben der Polizei dreizehn Lehrer und Lehrerinnen, eine Sekretärin, zwei Schülerinnen, einen Polizisten und sich selbst erschossen. Nach ersten Berichten drang der Amokläufer während einer Abiturprüfung in das Schulgebäude ein und schoss dort gezielt auf Lehrkräfte. Erst nach einer mehrstündigen Polzeiaktion konnten alle noch in der Schule verbliebenen Menschen aus dem Gebäude evakuiert werden.

Das Motiv für die bisher in Deutschland beispiellose Tat blieb zunächst unklar. Mehrere Medien berichteten, der 19-Jährige sei von der Abiturprüfung ausgeschlossen und von der Schule verwiesen worden. Bundespräsident Rau warnte davor, auf die Frage nach Hintergründen zu schnelle Antworten zu geben. „Wir haben keine Antwort, wollen auch keine schnelle Antwort.“ Rau nannte es falsch, sofort die Darstellung von Gewalt in den Medien als möglichen Grund für die Tat zu nennen.

Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte: „Alle Erklärungsversuche in dieser Situation sind vorläufig und greifen zu kurz.“ Fragen nach Ursachen und Konsequenzen aus dem Verbrechen müssten „von der gesamten Gesellschaft“ beantwortet werden. „Das ist ein so singuläres Ereignis, dass es alle Vorstellungskraft übersteigt“, sagte Schröder.

Der thüringische Justizminister Andreas Birkmann (CDU) forderte bereits ein härteres Vorgehen des Staates gegen Gewaltt. Birkmann sagte, wenn nicht stärkere Zeichen gesetzt würden, dass Gewalt in der Gesellschaft hart verfolgt werde, „dann werden wir an vielen Stellen Gewalt ernten“. Der CDU-Politiker sprach von einem „Spiel mit der Gesellschaft“ und sagte: „Ich denke, dass wir mehr tun müssen für die innere Sicherheit, als die Bundesregierung bisher getan hat.“ Auch den Medien komme eine hohe Verantwortung zu, fügte er hinzu und kritisierte „diese zum Teil verherrlichenden Gewaltdarstellungen“. LKW

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