Saarbrücker OB soll zahlen

Staatsanwalt fordert über 30.000 Euro Geldstrafe für noch amtierenden Saarbrücker Oberbürgermeister Hajo Hoffmann (SPD). Anklage spricht von „schwerer Korruption“

SAARBRÜCKEN taz ■ Geht es nach der Staatsanwaltschaft, muss der Saarbrücker Oberbürgermeister Hajo Hoffmann (SPD) 270 Tagessätze zu je 125 Euro – das sind insgesamt 33.750 Euro – Strafe an die Staatskasse zahlen. Hoffmann sei zweifelsfrei der „Untreue in zwei Fällen“ überführt worden, hieß es gestern vor dem Amtsgericht Saarbrücken im Plädoyer der Anklagevertreter. In einem dritten angeklagten Korruptionsfall beantragte der Staatsanwalt Freispruch, aber nur aus Mangel an Beweisen.

Die Staatsanwaltschaft legte auch Wert auf die Feststellung, dass der Straftatbestand der Untreue den Vorwurf der Korruption mit einschließe. Bei dem Geflecht zwischen Bauunternehmen, Ingenieurbüros, Sportvereinen und städtischen Firmen, dem auch Hoffmann angehört habe, handele es sich sogar um „schwere, langfristig angelegte Korruption“. Dem Angeklagten sei aber zugute zu halten, dass er das Ganze wohl nicht durchschaut habe. Er sei aber der Nutznießer dieses Systems von „Veruntreuung, Verschleierung und Verteilung“ gewesen, wie die Staatsanwaltschaft schon in ihrer Anklageschrift ausführte.

So habe Hoffmann in den 90er-Jahren Bauleistungen im Wert von 55.000 Mark an seinem Privathaus, die von einem Bauunternehmer ausgeführt wurden, der auch für die Stadt Saarbrücken tätig war, nicht bezahlen müssen. Die Kosten übernahm die städtische Entwicklungs- und Siedlungsgesellschaft (ESG) und verrechnete sie anschließend mit den Kosten für ein kommunales Bauprojekt. Boss der ESG war damals ein „guter Freund“ von OB Hoffmann, Alfred Kirst. Sogar den Marmor für die Treppe am Privathaus von Hoffmann suchten die beiden gemeinsam in Carrara aus. In der Marmorsache plädierte die Staatsanwaltschaft allerdings auf Freispruch.

Für Hoffmann traf es sich damals gut, dass Freund Kirst auch Chef der Saarbrücker Immobilien- und Baubetreuungsgesellschaft (SIB) war – und Hoffmann selbst der Aufsichtsratsvorsitzende. Angestellte der SIB gestalteten 1997 den Vorgarten an Hoffmanns Anwesen – für den OB wieder kostenlos. Erst als die Staatsanwaltschaft zwei Jahre später ermittelte, stellte Kirst eine Rechnung über 6.000 Mark aus – und der OB mit dem schlechten Gewissen bezahlte. Jetzt soll er in diesem Korruptionsfall weitaus mehr bezahlen.

Fällt das Urteil der Amtsrichterin in zwei Wochen entsprechend aus, dürfte sich Hoffmann als OB kaum noch halten können. Grüne und CDU, die in Saarbrücken koalieren, fordern schon lange seine Demission, und auch die Genossen mit Landesparteichef Heiko Maas an der Spitze gingen auf Distanz.

Aktuell wird Hoffmann auch noch vorgeworfen, Bilanzfälschungen in einem kommunalen Unternehmen, dessen Aufsichtsratsvorsitzender er ist, gedeckt zu haben (taz-Bericht am 5.April). Gegenüber dem Stern, der unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Informanten darüber berichtete, hat Hoffmann einen Gegendarstellungsanspruch geltend gemacht, den der Stern bislang ignorierte.

KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT