Türschlag im Nebel

Halt, da war doch etwas. Eine Autotür schlug doch da eben zu. Zu sehen ist bei dem Nebel nichts. Da ist es ja wieder, ganz deutlich. Der Wind trägt es rüber. Ich werde mal nachsehen. Vielleicht ist ja jemand auf dem Weg zu uns und ist vom Weg abgekommen. Nein, erst einmal ruf ich.

Schon wieder, das war deutlich das Klappen einer Autotür, der Türrahmen muss gummiert sein. Es kann also einer dieser neuen Geländewagen sein. Kein Rover, die Türen klingen anders. Man sieht fast gar nichts mehr. Neblig, stockduster. Jetzt das Geräusch von dort drüben. Das kann doch nicht sein. Dann hätte ich Fahrgeräusche gehört.

Das hat keinen Zweck, ich muss zurück zu meinem Auto. Aber halt, das sehe ich auch nicht mehr. Jetzt die Ruhe bewahren. Stabilisieren. Eine Methode suchen. Descartes: Wenn man sich verlaufen hat, dann soll man wenigstens einer Richtung folgen, so kommt man sicher aus dem Wald. Aber hier gibt es keinen Wald, nur Land, Steine und Geröll. Trotzdem, wo sind meine Fußspuren?

Da ist ja das Geräusch wieder. Nun ganz nahe. Vielleicht war es ein Trick? Und die steigen nun in mein Auto. Ich habe das gar nicht abgeschlossen. Ich muss Ruhe bewahren. Konzentration. Schritt für Schritt zurück. Ein paar Steine nehme ich und markiere so meinen Weg. Ja, genau, ich gehe strikt rückwärts und lasse ein paar Steine fallen. Schritt für Schritt … Logisch denken, auch in solch einer Situation.

Die anderen werden sich nicht sorgen, wenn ich heute nacht nicht zurückkomme. Die denken, dass ich bei dem Nebel unten geblieben bin. Ich werde hier erfrieren, wenn ich das Auto nicht finde. Da klappt die Tür wieder. Nicht ablenken lassen. Den Gedanken muss ich wegdrücken. Falls irgendjemand wirklich mein Auto nimmt, dann muss ich ja die Fahrgeräusche hören.

Also bei dem bleiben, was ich weiß. Ich weiß, dass ich ein Auto hatte und dass ich mich davon entfernt habe, und ich habe ein unbestimmtes Geräusch gehört, das mich von meinem Auto fortgeleitet hat. Nun die Prioritäten: Erst zurück zu meinem Auto, das ist schon schwierig genug.

Mensch, was schwitze ich! Nasskalter Schweiß. Was war die Methode? Schritt für Schritt rückwärts gehen und mit Steinen den zurückgelegten Weg markieren. Okay, das funktioniert. Das Geräusch blende ich aus, muss ich ausblenden. Gut. Vorsichtig, nicht auch noch in dem Nebel stürzen und die Knochen brechen. Langsam, aber so geht’s.

Jetzt drehe ich mich vorsichtig um. Da schimmert etwas. Das kann mein Auto sein, aber jetzt nicht von der Methode abweichen, sondern weiterhin Steine auswerfen, bis ich sicher da bin. Na, wer sagt’s denn? Da steht es ja, mein Auto. Jetzt einfach einsteigen, langsam der Straße folgen.

Noch einmal umsehen, halt, da war das Geräusch wieder. Ganz nah bei mir, gerade jetzt beim Einsteigen. Ich setze mich. Aber nein, das kann ich sein, ob das an der Jacke liegt? Ich probier das aus. Noch einmal aussteigen. Das kann doch nicht wahr sein, dass mich eine Kleinigkeit so irritiert. Wie kann das kommen? Ja, die Reizarmut. Sie verstärkt die wenigen Geräusche. Die Wahrheit ist manchmal peinlich. In Island schlägt eine plastikbesetzte Kordel gegen meinen Anorak, und ich glaube, den Schlag einer Autotür zu hören. NILS RÖLLER