Der Eklat um eine Ehren-Medaille

Heute soll Daniela Dahn die Louise-Schroeder-Medaille bekommen. Das parteipolitische Hickhack um die von der PDS nominierte Schriftstellerin aber schadet dem Ansehen der Ehrung. Grüne wollen künftig ein neues Auswahlverfahren

Daniela Dahn ist eine, die polarisiert. Die Berliner Schriftstellerin und Journalistin eckte schon 1976 als SED-Mitglied an, weil sie gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns protestierte. 1998 sorgte ihre Nominierung durch die PDS für den Posten einer Laienrichterin am Brandenburger Verfassungsgericht für heftigen Streit. Damals bemängelten ihre Gegner, dass Dahn sich zu kritisch über die Bundesrepublik geäußert habe.

Die für heute geplante Verleihung der Berliner Louise-Schroeder-Medaille an die notorisch Unbequeme blieb bis zum Schluss von parteipolitischem Gezänk begleitet. Scharfe Proteste gab es von der Opposition, die ihr Fernbleiben ankündigte. Frank Steffel, Unions-Fraktionschef, sagte, Dahn stehe im Verdacht, den Unrechtsstaat DDR verharmlosen und die Opfer der SED-Diktatur „verhöhnen“ zu wollen. Auch die FDP kritisierte, dass Dahn „weder zum Zusammenwachsen der Stadt noch zur Frauenbewegung etwas beigetragen habe“. Vielmehr sollte mit der Wahl Dahns die PDS-Klientel bedient werden. Auch Sybill Klotz von den Grünen zeigte sich skeptisch, was die Nominierung betrifft. Dahn habe zum Thema Gleichstellung „eher unqualifizierte und peinliche Äußerungen“ gemacht.

Die Autorin selbst bekräftigte ihre Absicht, die Medaille trotz der Kontroversen annehmen zu wollen. Vorwürfe, sie habe das SED-Regime verharmlost, wies sie als „Unsinn“ zurück. Der Rowohlt Verlag bedauerte, dass „aus dem Zusammenhang gerissene Zitate wenig geeignet sind, eine faire und … verständliche Auseinandersetzung“ um seine Autorin zu führen.

Die Laudatio zur Ehrung hält nunmehr der frühere SPD-Politiker und jüngst zum Berliner Ehrenbürger ernannte Egon Bahr. Exbundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) hatte am Montag kurzfristig abgesagt, weil sie die politische Einschätzung Dahns nicht teile. Bahr hatte bereits 1999 die Laudatio auf Dahn gehalten, als sie den Kurt-Tucholsky-Preis für literarische Publizistik erhielt.

Die SPD sprach bereits vom „Höhepunkt einer Diffamierungskampagne gegen die Louise-Schröder-Medaille durch die CDU“. Bereits im letzten Jahr sei die Verleihung an Regine Hildebrandt durch die Union torpediert worden. Die Grünen forderten ein neues Auswahlverfahren durch ein parteiunabhängiges Kuratorium, damit „die Ehrung nicht weiter beschädigt“ werde. Aus Protest gegen Dahns Würdigung gab die frühere CDU-Politkerin Hanna-Renate Laurien ihre 2000 verliehene Medaille zurück. ADRIENNE WOLTERSDORF